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Devisen aus Donauwasser

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Die von den Donaustaaten gemeinsam festgesetzten Frachttarife haben Tücken, die vor allem die westlichen Donaustaaten, hier in erster Linie Österreich, treffen Denn die Frachttarife auf der Donau, die auf dem Abkommen von Bratislava beruhen, wurden seit 1956 nicht mehr korrigiert. Das bedeutet, daß sie auf einem Stand eingefroren sind, der den heutigen wirtschaftlichen Gegebenheiten in keiner Weise mehr entspricht.

Der Präsident des österreichischen Kanal- und Schiffahrtsvereines, der ehemalige Bautenminister Kotzina, kam — als Ergebnis einer mehrtägigen, auf der „Theodor Körner“ durchgeführten Informationsreise österreichischer Fachleute nach Budapest und Bratislava zu dem Ergebnis, daß die Frachtraten künftig nicht mehr von den beteiligten Schiffahrtsgesellschaften festgesetzt werden sollten, wie dies bisher üblich war, sondern daß man auf höherer, nämlich politischer Ebene nach einer neuen Regelung wird suchen müssen.

Und dies so bald wie möglich: einerseits, da die österreichische Schiffahrt aus unabweislichen kalkulatorischen Gründen auf eine Anhe-bung der Frachtraten drängt, anderseits aber deshalb, weil eine derartige Neuregelung unter Dach und Fach gebracht werden müsse, bevor man über eine gemeinsame Festsetzung der Frachtgebühren auf der in Entstehung begriffenen europäischen

Rhein-Main-Donau-Wasserstraße sprechen könne.

Die an der Reise teilnehmenden Schiffahrtsfachleute kamen übrigens zu dem einhelligen Schluß, daß die Schiffahrtsregelungen am Eisernen Tor dem Landschaftsbild nicht geschadet haben — freilich war eine andere Meinung auch nicht zu erwarten, und es muß dahingestellt bleiben, ob man dies eines Tages auch von der umgestalteten Wachaulandschaft wird sagen können.

In der Frachtgebührenfrage vertrat Österreich in den ^sondierenden Gesprächen die Auffassung, es sei für Österreich untragbar, wenn gleiche Leistungen nicht auch gleich und gerecht kalkuliert würden. Dem hielt Generaldirektor Koväcs für die ungarische Seite entgegen, seiner Meinung nach könnten in verschiedenen Ländern auch bei gleichen Leistungen unterschiedliche Kalkulationsvoraussetzungen bestehen

Wobei es freilich ein offenes Geheimnis ist, daß der Devisenbedarf der Oststaaten als wichtiger Faktor in die Kalkulation von Tarifen einzugehen pflegt, die in westlichen Währungen beglichen werden, und daß man dafür einiges in Kauf nimmt, was sich die westlichen Schiffahrtsunternehmungen natürlich nicht leisten können. Dies ist ja auch der Grund dafür, daß selbst die jetzigen, unrealistisch niedrigen Frachtraten auf östlicher Seite fallweise unterboten werden Ä>lien.

Ungarn ebenso wie die Tschechoslowakei modernisieren ihre Flotten, wobei in beiden Ländern eine sehr deutliche Entwicklung zu Schubschiffen und Selbstfahrern festzustellen ist. Beide Länder räumen dem Containerverkehr eine große Zukunft ein und modernisieren ihre Verladevorrichtungen. Ungarn stellte kürzlich ein Container-Terminal fertig, der Hafen von Bratislava soll ausgebaut werden und zwar in einer ersten Stufe bis zu einer Frachtkapazität von vier, später sogar von 6,5 Millionen Tonnen.

In der Tschechoslowakei vor allem könnte auch ein Motiv für das Festhalten an niedrigen Frachtgebühren darin gesehen werden, daß dort eine starke Abwanderung (im vergangenen Jahr nicht weniger als 100.000 Tonnen) vom- Wasserweg auf die Bahn stattfindet, wobei freilich zwei Konkurrenten einander gegenüberstehen, die beide nicht nach echten kaufmännischen Gegebenheiten kalkulieren

Der österreichische Kanal- und Schiffbauverein wird die Erfahrungen und Erkenntnisse seiner jüngsten Sondierungsfahrt in einer Empfehlung zusammenfassen und den zuständigen Stellen Österreichs, insbesondere den zuständigen Ministerien, vorlegen.

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