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Die Zukunft meistern

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Die alles eher als rosige Situation der Landwirtschaft ist durch eine Reihe von Schwierigkeiten gekennzeichnet, von denen die Bewältigung der Strukturfrage und, damit verbunden, die notwendige Verbesserung des bäuerlichen Einkommens Anliegen sind, die nur über einen längeren Zeitraum hinweg gelöst werden können. Demgegenüber manifestiert sich die schwere Krise auf dem Rindersektor als jenes dringliche Problem, dessen Bereinigung schnellstens erfolgen muß.

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Die alles eher als rosige Situation der Landwirtschaft ist durch eine Reihe von Schwierigkeiten gekennzeichnet, von denen die Bewältigung der Strukturfrage und, damit verbunden, die notwendige Verbesserung des bäuerlichen Einkommens Anliegen sind, die nur über einen längeren Zeitraum hinweg gelöst werden können. Demgegenüber manifestiert sich die schwere Krise auf dem Rindersektor als jenes dringliche Problem, dessen Bereinigung schnellstens erfolgen muß.

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Der unerhörte Fortschritt in der technischen Entwicklung bei den Maschinen und Geräten sowie die zunehmenden Anforderungen von seiten des Marktes an die landwirtschaftliche Produktion setzen von unseren Betrieben ein Größenwachstum voraus, das diese in der Praxis niemals nachvollziehen können. Die einzige Möglichkeit, um die dadurch entstehenden strukturbedingten Nachteile kompensieren zu können, sehen wir in der verstärkten Zusammenarbeit der einzelnen Betriebe in Form organisierter Gemeinschaften. Nur so lassen sich beispielsweise die Maschinen, die trotz der relativ geringfügigen durchschnittlichen Vergrößerung der Betriebsfläche immer gigantischer, leistungsfähiger und selbstverständlich auch kostspieliger werden, rentabel einsetzen. Oberösterreich kann für sich in Anspruch nehmen, auf dem Gebiete der überbetrieblichen Zusammenarbeit echte Pionierleistungen erbracht zu haben, denn mit seinen 63 Maschinenringen, 40 Betriebshilferingen und 13 Mischgemeinschaften liegt Oberösterreich an einsamer Spitze. Bei den Maschinenringen besteht das Konzept darin, daß im Rahmen der organisierten Nachbarschaftshilfe ein Landwirt mit seiner eigenen Maschine bei anderen Bauern Arbeit verrichtet. Durch, diesen Leistungsaustausch kann der Maschinenpark und damit die Kapitalsbelastung pro Betrieb in erträglichen Grenzen gehalten werden .

Die meisten Betriebe entwickeln sich in Richtung der Ein-Mann-Be- triebe, es sind also nur noch der Betriebsleiter und seine Frau als Arbeitskräfte auf dem Hof. Aufgabe der zumeist an die Maschinenringe gekoppelten Betriebshilferinge ist es, solchen Betrieben, bei denen eine Hauptarbeitskraft (etwa durch Krankheit) ausgefallen ist, durch Übernahme der anfallenden Außenarbeiten oder durch Beistellung eines Betriebshelfers für die Arbedts- verrichtung im Stall über die schwierigste Zeit hinwegzuhelfen. Wir glauben, den bäuerlichen Betrieben über die Betriebshilferinge eine Möglichkeit eröffnet zu. haben, dieses soziale Risiko entsprechend abdecken zu können.

Einen neuen Weg haben wir auch mit der Erf assung der tierischen Veredelungsproduktion auf organisierter Ebene im Rahmen des VLV (Verein landwirtschaftlicher Veredelungsproduzenten) beschritten, dem eine größere Anzahl regionaler Erzeuger- r-inge unterstellt ist. Das Ziel dieser Produktions- und Vermarktungsge- meinschaften besteht darin, durch verstärkte Beratung, die im Rahmen einer organisierten Gemeinschaft sich in nahezu idealer Weise verwirklichen läßt, die Qualität zu heben und durch eine Zusammenfassung des auf viele Betriebe aufge- spMtterten Angebotes die Vermarktung im Interesse der Mitglieder bestmöglich zu betreiben.

Mit Hilfe der sogenannten Mdsch- gemeinschaften, die mittels fahrbarer Mischanlagen auf den Höfen aus betriebseigenem Getreide und zugekauften Futtermittelkomponenten hochwertiges und vor allem preisgünstiges Mischfutter erzeugen, läßt sich die Rentabilität in der tierischen Produktion entscheidend beeinflussen und verbessern.

Unserer Meinung nach sind die überbetrieblichen Zusammenschlüsse mit all ihren Formen ein sehr wertvolles Instrumentarium zur Bewältigung strukturbedingter Probleme. Dem weiteren Ausbau dieser, Einrichtungen werden wir daher von unserer Seite auch in Hinkunft größtes Augenmerk schenken.

Das ganze heurige Jahr ist auf dem Viehsektor von einer Absatz- und Preiskrise überschattet, von der im besonderen Oberösterreich, das rdnderstärkste Bundesland, betroffen ist. Bekanntlich hat Italien, der Hauptabnehmer für unser Zucht-, Nutz- und Schlachtvieh, die Mast- und Schlachtrinderimporte nach anfänglichen Restriktionsmaßnahmen schließlich überhaupt gänzlich gesperrt. Uns scheint der wichtigste Ansatzpunkt für eine Lösung des Rinderabsatzproblems zu sein, daß durch eine totale Sperre der Rindfleischimporte der Ausgleich in der Rindfleischbilahz aus der heimischen Produktion selbst gesucht wird. Die Regierung hat unsere Bemühungen, den Absatz zu verbessern und das Preisniveau wiederum anzuheben, das müssen wir anerkennen, durch eine Reihe von Maßnahmen unterstützt. Aus der Beurteilung der derzeitigen Lage müssen wir leider den Schluß ziehen, daß sich bisher noch keine befriedigenden Erfolge eingestellt haben. Wir werden auf alle Fälle von der bäuerlichen Interessensvertretung aus die RindfleiSch- importsperre — die unabdingbare Voraussetzung für eine Lösung der Probleme auf dem Rindermarkt — so lange aufrechterhalten, als wir es im Interesse der Bauernschaft für notwendig und gerechtfertigt erachten. Zweifellos ist der Bauernstand das größte Opfer der Inflation, weil er in einer Zeit ständig steigender Preise und Löhne die einzige Berufsgruppe Ist, der, maßgeblich bedingt durch diie Viehabsatzkrise, das

Einkommen nicht erhöht, sondern gekürzt worden ist. Was dies bei den stark inflationären Betriebsmittelpreisen bedeutet, ist unschwer zu ermessen. In dieser für die Landwirtschaft extremen Situation dürfen wir von der Regierung, den Sozialpartnern und der Konsumentenschaft mit Recht Verständnis und Hilfe erwarten.

Um so unverständlicher finden wir deshalb das leichtfertige Spiel der Regierung mit der Marktordnung,

die bis Ende des Jahres befristet ist. Der von der Regierung viel zu spät vorgelegte Entwurf einer Reform der Marktordnung ist für die Landwirtschaft völlig unannehmbar, und zwar deswegen, weil man der bäuerlichen Standesvertretung die Möglichkeit nimmt, ihre elementaren Interessen durchzusetzen und zu wahren. Das Marktordnungsgesetz hat sich bisher als festes Fundament einer krisensicheren Ernährungswirtschaft bestens bewährt. Unter dem Schutz der Marktordnung hat sich die heimische Produktion zu einer kaum mehr steigerungsfähigen Selbstversorgungsrate entwickelt, um die uns angesichts der gegenwärtig hohen Weltmarktpreise bei gewissen Produkten — das Kilogramm Weizen kostet 4.60 Schilling, Zucker 27 Schilling pro Kilogramm — so manche Länder beneiden. Eine Marktordnung ohne Schutzelement für die Landwirtschaft, welche die agrarische Produktion dem freien Spiel der Marktkräfte überläßt oder sie durch eine kurzsichtige Import-

Politik stört und damit der Bauernschaft die Basis für eine langfristige, vernünftige Produktionsplanung entzieht, würde wahrscheinlich auch für die Konsumentenschaft zu einem Bumerang werden. Denn allzu drastisch hat uns diie Energiekrise vor Augen geführt, wie wichtig eine optimale Inlandsversorgung auf der Grundlage einer gesunden heimischen Landwirtschaft ist. Die Versorgung auf Importpolitik aufzubauen, würde aller Voraussicht nach eines Tages zu sehr unliebsamen Überraschungen führen.

Die Landwirtschaft unternimmt von sich aus trotz größter Schwierigkeiten alle Anstrengungen, um die Zukunft bestmöglich zu meistern. Ob ihr dies gelingt und wie sich die Zukunft letztlich für sie gestalten wird, hängt sehr weitgehend auch davon ab, ob und inwieweit die Regierung und die Sozialpartner gewillt sind, ein bewußtes Ja zur heimischen Landwirtschaft zu sprechen. Die Marktordnung wird diesbezüglich ein Prüfstein sein.

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