6779692-1969_37_18.jpg
Digital In Arbeit

Konsequente Marktanpassung

Werbung
Werbung
Werbung

Die Produktion der österreichischen Landwirtschaft ist heuer für den Markt bestimmt An Hand der Buchführungsergebnisse der für die Erstellung des Grünen Berichtes maßgeblichen Testberichte ist nachzuweisen, daß rund 89 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Produktion auf dem Markt abgesetzt werden. Der Eigenverbrauch der bäuerlichen

Produzenten tritt demgegenüber in den Hinter-’ grund.

Durch ihre Marktorientierung ist auch die Landwirtschaft in hohem Maße den Gesetzen des Marktes unterworfen. Die österreichische Bauernschaft unternimmt daher — unterstützt durch die Agrarpolitik — alle Anstrengungen, um ihre Produktion und ihr Angebot an die Erfordernisse des Marktes anzupassen. Vor etwa eineinhalb Jahren stand die Entwicklung des Milchmarktes im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Die Anlieferungen drohten die Aufnahmsfähigkeit des Markte und die Marktordnung zu überfordern. Wir haben daher im Frühjahr 1968 eine Reihe aufeinander abgestimmter Maßnahmen eingeleitet, die eine Förderung der Rind- und Kalbfleischproduktion auf Kosten der Milcherzeugung und -anlieferung sowie eine Steigerung des Absatzes zum Ziele haben. Dia Rinderhalter haben diese Maßnahmen richtig interpretiert und eine Einschränkung der Kuhhaltung in die Wege geleitet, deren künftige Fortsetzung es uns ermöglichen wird, bei steigender Kuhleistung und trotz ungünstiger Verhältnisse im internationalen Handel die Ordnung auf unserem Milchmarkt aufrechtzuerhalten.

Maßgebliche Schwierigkeiten zeichneten sich vor zwei Jahren auch durch die den Vermahlungsbedarf übersteigenden Anlieferungen von Weizen ab. Aber auch die Getreidebauem haben auf die verfügte Verengung des Preisverhältnisses zwischen Mahlweizen und Futtergetreide richtig reagiert und haben den Anbau und die Marktanlieferungen von Weizen eingeschränkt, dafür aber die Produktion von Roggen und Futtergetreide, vor allem von Mais, ausgeweitet. Die Futtergetreideversorgung kann somit in Hinkunft in größerem Ausmaß als bisher aus dem Inland erfolgen.

Die Schweinezählung vom 3. Dezember 1968 ließ für das Frühjahr 1969 ein Überangebot an Schweinen und einen daraus resultierenden Preisverfall auf dem heimischen Markt befürchten. Ein letztlich für Erzeuger und Verbraucher gleichermaßen nachteiliger „Schweineberg” konnte aber vermieden werden, weil die bezüglich der Vermarktungster- mine und der Herabsetzung der Schlachtgewichte gegebenen Empfehlungen befolgt wurden. Es wird bis in das Frühjahr 1970 hinein eines ebenso disziplinierten Verhaltens unserer Produzenten bedürfen, um eine neuerliche Bedrohung des Marktgleichgewichtes bei Schlachtschweinen abzuwenden.

Die land- und forstwirtschaftliche Produktion ist ungeachtet aller wissenschaftlichen und technischen Neuerungen nach wie vor den Ton der Natur bestimmten Gegebenheiten unterworfen. Dies bedeutet gegenüber anderen Wirtschaftszweigen eine gewisse Schwierigkeit, die es im Hinblick auf das allgemeine Interesse an einer kontinuierlichen, ausreichenden und preisgünstigen Versorgung mit Lebensmitteln rechtfertigt, Maßnahmen zur Stabilisierung der Märkte für Agrarprodukte zu treffen. Die österreichische Agrarmarktordnung hat sich für die Hauptprodukte Milch, Getreide und Vieh bereits jahrelang bewährt. Sie wurde in den letzten Monaten durch eine Abschöpfungsregelung für Eier und Geflügel und durch die Schaffung eines Weinwirtschaftsfonds ergänzt. Auf dem Geflügelsektor wird dies die richtigen Produktionsentscheidungen ohne den Unsicherheitsfaktor unerwarteter, gestützter Niedriigpreisdmporte ermöglichen. Die Weinwirtschaft erhält ein Instrument zur Stabilisierung des Weinmarktes und zum Ausgleich der großen wetterbedingten Emteschwankungen. Der Weinwirtschaftsfonds wird in seiner Wirksamkeit ergänzt durch die ln vorbildlicher Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den in Frage kommenden Bundesländern geschaffenen Weinbauregelungsgesetze.

Bewährte Selbsthilfe

Die den Erfordernissen der modernen Wirtschaft entsprechende überregionale Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte erfordert besonders auch eine leistungsfähige Marktstruktur. Durch weitreichende Umschichtungen und Komzentrationsvorgänge im Bereich der Verarbeitung und Verteilung landwirtschaftlicher Produkte erwachsen neue Aufgaben in bezug auf die mengenmäßige, zeitliche und qualitative Abstimmung und Zusammenfassung des Angebotes. Unsere Landwirtschaft hat in gemeinschaftlicher Selbsthilfe bereits ln der Vergangenheit umfangreiche genossenschaftliche Anlagen zur Übernahme, Sortierung, Be- und Verarbeitung und Lagerung ihrer Produkte geschaffen und baut diese Anlagen dem Bedarf entsprechend weiter aus.

Unsere Forstwirtschaft, seit jeher ein wesent licher Faktor auf dem inländischen Rohstoffmarkt und für unsere Exportwirtschaft, hatte im Gefolge der Windwurfkatastrophe 1966/67 beträchtliche Marktstörungen zu überwinden. Sie hat das große Schadholzangebot und die internationale Konjunkturschwäche mit einer Minderung des Normaleinschlages marktgerecht ausgeglichen und kann nunmehr wieder mit steigender Nachfrage und einem Preisniveau, das jenem vor der Krise 1966 entspricht, rechnen. Sie hat aus den vergangenen Schwierigkeiten überdies verstärkte Impulse für weitere Modernisierungen und Rationalisierungen bei der Holzernte, bei der Bringung und beim Absatz erhalten.

Die österreichische Land- und Forstwirtschaft hat das Gebot der Zeit wohl verstanden und setzt ihre Bemühungen zur Anpassung an die Erfordernisse des Marktes konsequent fort. Sie ist damit auf dem besten Wege zur Festigung ihrer Position im nationalen und internationalen Wettbewerb. Sie leistet damit aber auch gleichzeitig einen wesentlichen Beitrag zur Konsolidierung und zum Wachstum der gesamten österreichischen Volkswirtschaft.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung