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Drei Fehler bemerkt

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Ursprünglich von allen Beteiligten als „gute Idee“ erkannt, dann versickert und ad acta gelegt, vor einiger Zeit wieder hervorgeholt — es könnte sein, daß aus einem alten Plan der Kraftfahrerorganisationen nun doch noch etwas wird. Und daß nach den kürzlich geschaffenen Plaketten für ehrliche Autohändler nun auch eine Schlichtungsstelle ins Leben gerufen wird, die Streitfälle zwischen Autofahrern und Reparaturwerkstätten gütlich beilegen soll.

Solche Schichtungsstellen haben sich in der Bundesrepublik hervorragend bewährt. Nach günstigen Erfahrungen in Hamburg wurden in weiteren 17 westdeutschen Städten derartige Einrichtungen geschaffen, wobei sich zeigte, daß es in fast allen Fällen möglich ist, eine gütliche Beilegung herbeizuführen, wenn nicht nur die Streitpartner, sondern auch Vertreter der Berufsorganisationen auf der einen, der Konsumenten auf der anderen Seite am Gespräch teilnehmen. (Schließlich hat jeder einen guten Ruf zu verlieren und ist daher um Seriosität bemüht.) Auch bringt dieses System, Prozesse zu vermeiden, nicht nur den Kraftfahrern, sondern auch den Werkstätten Vorteile, deren Prozeßrisiko meist nicht kleiner ist als das des klagenden Autobesitzers. Und denen die Schlichtungsstellen auch so manchen reklamierenden Autofahrer, der sich im Recht wähnt, ohne es zu sein, vom Halse halten. Denn neutrale Fachleute können sowohl Werkstättenbesitzer wie auch Autofahrer leichter zum Nachgeben bewegen, da ja außer Zweifel steht, daß sie kein unmittelbares Interesse am Ausgang der Sache haben.

österreichische Schlichtungsstellen dieser Art waren vor Jahren ein Anliegen des ÖAMTC, gerieten aber höheren Ortes in Vergessenheit. Nun ist der ARBO in dieser Sache am Ball. Die sozialistische Kraftfahrerorganisation hofft, die Vertreter des zuständigen Fachverbandes noch heuer an den Verhandlungstisch zu bekommen, und scheint dabei gute Chancen zu haben, wenn sie die präsumtiven Gesprächspartner davon überzeugt, daß man, wenn eine Entwicklung schon unvermeidlich ist, besser an ihr mitwirkt als sie über sich ergehen zu lassen.

Allerdings werden jene Vorkommnisse, die zum Ausbruch direkter Konflikte zwischen Autofahrern und Kfz-Werkstätten führen, von vielen Kennern dieser Branche und ihrer Gepflogenheiten nur als Spitze eines Eisberges betrachtet. Unsichtbar bleiben die vielen kleinen Flüchtigkeitsfehler und Schlampigkeiten, die in Autowerkstätten an der Tagesordnung sind oder von den Kunden zumindest vermutet werden. ..So unternahm die Zeitschrift des Vereins für Konsumenteninformation, „Der Konsument“, in den letzten Jahren wiederholt Tests zur Überprüfung der Servicegründlichkeit, wobei präparierte Wagen einer Anzahl von Werkstätten zum Service übergeben wurden. Dabei ergab sich, daß sich die VW-Werkstätten (erwartungsgemäß, möchte man fast sagen) am besten hielten, aber auch sie hatten nur 70 Prozent aller nachgeprüften Servicearbeiten zufriedenstellend erledigt. Die übrigen Zahlen lauten noch mehr ernüchternd, nämlich 63 Prozent für Opel und Ford, 52 Prozent für Renault und 42 Prozent für Fiat.

In einem bestimmten Fall (sehr bekanntes Fabrikat, der Testwagen war 60.000 Kilometer alt) wurden von 34 im Serviceheft vorgesehenen Arbeiten 13 nachgeprüft, wobei das Fahrzeug jeweils drei die Verkehrssicherheit unmittelbar gefährdende Fehler enthielt, einen zu hoch eingestellten und daher blendenden Scheinwerfer, eine kaputte Biluxbirne und eine wirkungslose Handbremse. Nur eine der teureren Werkstätten entdeckte alle drei dieser wichtigsten Fehler, die teuerste wiederum nur einen davon. Von den 13 Defekten brachte die billigste Werkstätte acht, die teuerste nur drei (!) in Ordnung, mehr als neun Fehler von 13 sah überhaupt keine, und auch neun fanden nur zwei der getesteten Betriebe.

Manchmal passiert fast Groteskes. So vergaß ein Wiener Mechaniker nach einem großen Bremsenservice den Bremsschlauch wie vorgesehen am Chassis festzuklemmen, so daß der Schlauch zu wandern begann und von der Halbachse durchgerieben wurde. Die Folge war ein totaler Bremsausfall auf plötzlich durch überholende Fahrzeuge blok-kierter Autobahn — und um ein Haar ein tödlicher Unfall.

Die Werkstätte entschuldigte sich und erneuerte gratis den Bremsschlauch. Fraglich muß bleiben, ob, im Falle eines Falles, das Todesauto so genau untersucht worden wäre, daß man die wahre Ursache des Unfalles entdeckt hätte.

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