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Ein echter Grüner

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„Aufruf an alle Verantwortlichen: Verwirklicht das Gedankengut von Konrad Lorenz!“

Mit diesem Plakat und Flugblättern begrüßten am 28. September die „Vereinten Grünen Österreichs“ (VGÖ), im letzten Nationairatswahlkampf bekanntlich untergegangen, die Teilnehmer am Internationalen Konrad- Lorenz-Symposion in Laxenburg.

Anlaß der dreitägigen Veranstaltung war der bevorstehende 80. Geburtstag des österreichischen Nobelpreisträgers für Medizin (1973), Veranstalter waren das Land Niederösterreich und das ORF-Landesstudio Niederösterreich, dessen Intendant Paul Twaroch ein enormes Interesse feststellte: „Es wurden von uns 1800 Teilnehmerkarten ausgegeben.“ Dabei war vor allem der Anteil der Jugend beachtlich.

Mochten viele beim oben zitierten „Gedankengut“ zunächst an den „Umweltschutz-Papst“ („der sich aber nicht für unfehlbar hält“, wie Lorenz-Schüler Bernd Lötsch betonte) gedacht und mit einer „grünen Kundgebung“ gerechnet haben, so wurde das vom Wiener Zoologen Rupert Riedl geleitete Symposion doch vorwiegend zu einem Überblick über das wissenschaftliche Gesamtwerk des Jubilars aus der Sicht seiner Schüler und Mitstreiter, durchwegs Professoren und Dozenten an namhaften Hochschulen.

Da ging es zunächst um Lorenz’ Pionierarbeit auf dem Gebiet der Ethologie, der Vergleichenden Verhaltensforschung, um seine Auseinandersetzung mit Vitalismus und Behaviorismus, die den Menschen mehr oder weniger als reines Produkt von Vererbung oder Umwelt, determiniert oder manipulierbar, ansahen, während Lorenz den „goldenen Mittelweg“ beschritt. Da ging es auch um seine Skepsis gegenüber der Sozio biologie, die sich mit den biologischen Grundlagen sozialen Verhaltens befaßt.

Die Lorenzsche Entdeckung der „Prägung“, jenes Lernvorganges, der nur in einer bestimmten Lebensphase möglich ist und später weder nachgeholt noch durch Umlernen verändert werden kann, wurde gebührend gewürdigt. Allerdings spricht die Wissenschaft beim Menschen nur von „prägungsähnlichen Lernvorgängen“, da der Mensch eine Sonderstellung habe.

Als Hauptverdienst von Lorenz wurde freilich sein Anknüpfen an Charles Darwin und die Begrün-

dung der menschlichen Vernunft aus der Evolution genannt. Der menschliche Geist entstand durch „Fulgoration“, sagt Lorenz und betont: „Zu sagen, Menschen sind Säugetiere vom Stamme der Primaten und nichts anderes, ist Gotteslästerung!“

In Laxenburg, wo man Geburtstag feiern wollte, gab es um die teils umstrittenen Theorien und Thesen des Nobelpreisträgers keine Kontroversen, sondern Harmonie, wie sie nicht einmal der Katholikentag erreichte.

Einig schien man sich darüber, daß in dieser Welt kein blinder Zufall regiert, sondern ebenfalls Harmonie. Man hütete sich allerdings davor, die Welt — wie es Teilhard de Chardin tat — als zielgerichtet zu bezeichnen, sondern sprach nur davon, daß jeder Schritt der Evolution die Möglichkeiten weiterer Schritte einschränke.

Neben diesen philosophischen und wissenschaftstheoretischen Überlegungen sprach aber vor allem Konrad Lorenz selbst in seinem Hauptreferat sehr konkrete politische Warnungen und Mahnungen aus (mit einem Seitenhieb auf die Ideologie der Grün-Alternativen).

Außerdem sieht er große Gefahren in der Freude am Wachstum, in der Funktionslust und der Freude am Wettbewerb in der Industrie. Er warnt vor Wertblindheit und kommentiert das Ausrotten der Wale mit den Worten: „Was moralisch verdammenswert ist, ist oft auch noch blöd.“ Tatsächlich ist der Mensch heute — so Rupert Riedl — in der Gefahr des „over-exploiters“ (Uberaus- beuters), der seine Ressourcen zerstört und daran zugrundegeht.

Angst hat Lorenz vor allem vor anonymen Lobbys, die Politiker hält er für machtlos, weil von den Wählern abhängig: „Wir müssen daher vor allem die Wähler und hier vor allem die Jugend überzeugen.“

Der Jugend will Lorenz wieder mehr Ideale und Werte vermittelt sehen. Die Erziehung müßte dazu dienen, Harmonien zu erkennen und Disharmonien abzulehnen. -Besonders wichtig sei mehr Kontakt mit der Natur, denn sie öffne einem in dieser sinnentleerten Zeit die Augen für den Sinn des Lebens: „Ein guter Biologielehrer kann heute mehr Seelen retten als ein sehr guter Pfarrer.“

Hochrangige Politiker kamen zu dieser Veranstaltung wenige, und die waren alle von der ÖVP (Ludwig, Mock, Minkowitsch). Klare Bekenntnisse pro oder kontra Hainburg blieben daher aus, Landeshauptmann Siegfried Ludwig bekräftigte immerhin: „Ein Wachau-Kraftwerk wird es sicher nicht geben!“

Von den Referenten ging nur Bernd Lötsch explizit auf Hainburg ein, als er eindrucksvolle Dias der Donauauen zeigte und dazu predigten „Frohmut statt Fre- muth!“

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