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Ein Monster belebt
Sie zählt zu den schwierigsten Opern, diese „Clemenza di Tito“, die sich die Wiener Festwochen für ihre Eigenproduktion ausgesucht haben! Diese letzte Oper des Meisters, ein Auftragswerk für die Krönung Kaiser Leopolds II. zum König von Böhmen, galt bisher als ein szenisch fast nicht realisierbares Monster. Denn schon Mozart hat sich mit einer Entscheidung für die um 1790 bereits höchst unaktuelle Opera seria für eine höcht undramatsische Form entschieden. Und er hat außerdem ein Sujet gewählt, dem er zwar Musik mit durchaus „aufklärerisch-modernen“ psychologischen Farben unterlegte, dem aber auch jede Dramatik fehlt.
Um so erstaunlicher, was Federik Mirdita im Szenischen geleistet hat, um dem Historienkoloß doch noch Leben einzuhauchen. Streckenweise ist das geglückt. Und zwar sogar ohne radikale Striche in den mitunter mühsam dahinschleppen-den Intrigen der römischen Hofschranzen, ohne drastische Arienkürzungen usw. Und auch ohne allzu peinliche Allegorien auf Edelmut und Weitblick des zu glorifizierenden Monarchen.
Natürlich denkt man sich immer wieder, daß eine konzertante Aufführung mit erlesenen Stimmen es auch getan hätte, vielleicht sogar mehr, stärkeren Eindruck hinterlassen hätte. Aber im ganzen ist man mit der Produktion nicht unglücklich. Den Uberfluß an dramatischem Händeringen, an opernhafterr Armespreizen und pathetischem Sängergeflatter nimmt man in Kauf. Denn schließlich sollen diese Klischeefiguren ja von seelischen Nöten geschüttelt werden. Nur statt des einfallslos durchs Einheitsbühnenbild dahintrabenden Chors hätte sich Mirdita Originelleres einfallen lassen müssen. Die Basilikaprunkhalle mit roten Draperien (Mathias Kralj) wirkt zwar im ersten Moment apart, indes nützt sich das Bild sehr rasch ab. Ein Wechsel der Schauplätze brächte mehr Farbe in die Aufführung.
Julius Rudel von der New York City Center Opera und sein zum Teil sehr solides Sängerteam absolvieren die Aufführung mit Geschmack: Vor allem Teresa Berganza (schönes Timbre, perlende Koloraturen!) und Werner Hollweg (zuwenig Glanz und metallischen Schmelz, aber stimmliches Durchhaltevermögen) imponieren. Edda Moser ist eine hochdramatische Vitellia. Sonst eher Mittelmaß rundum. H. H.
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