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Digital In Arbeit

Ein sicherer Arbeitsplatz

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„Wer zehn Jahr da is, is a frisch Gfangter, Leute, die 30 Jahre hier arbeiten, rennen zu Dutzenden herum.“ Krause-Arbeiterbetriebsrat Friedrich Butry-Kornos ist auf ein Faktum stolz, das Kollegen aus anderen Betrieben lieber verstecken würden: ein vergleichsweise hohes Durchschnittsalter in der Firma. Doch was dem Außenstehenden als Nachteil erscheint, ergibt sich zwangsläufig. In der Sondermaschinenfertigung, deren Produkte beispielsweise von Autoherstellern zur Motorenbearbeitung benötigt werden, ist mit Fließbandkräften kaum viel anzufangen. Die Präzisionsmaschinen sind in der Mehrzahl Spezialanfertigungen

In dieser Prototypenfabrik muß der Arbeiter auch höheren Anforderungen gerecht werden als an einem Fließband. Perfektion im Zeichnunglesen sowie selbständiges Arbeiten gelten als unabdingbare Voraussetzungen. „Wenn einer bei Ernst Krause gelernt hat, ist das immer noch ein gutes Renommee.“

Die Eigenart der Arbeit bringt es mit sich, daß in dem Unternehmen vor allem eines zählt: Erfahrung. Daher gibt es relativ viele Altgediente und im Gegensatz zu anderen Unternehmen unter diesen weniger Sorge, einer würde nur auf Grund seines Alters zum sozialen Ballast gezählt und bei nächster Gelegenheit ausrangiert werden.

Nicht nur Butry-Kornos, sondern auch der Vertreter der Angestellten, Walter Frauenhoffer, bestätigt, daß die Leute innerhalb der Metallarbeiterbranche überdurchschnittlich gut bezahlt werden, wenn sie auch keine echten Spitzenlöhne beziehen. Als „Geschenk“ dürfe man das aber nicht betrachten, denn „es wird ja auch überdurchschnittliche Leistung verlangt“. Dazu zählen zum Beispiel plötzliche notwendige Uberstunden, wenn etwa ein Liefertermin anders nicht eingehalten werden kann.

Vor der hohen Entlohnung kommt in der Prioritätenliste der Belegschaft noch die interessante Arbeit, die geforderte Selbständigkeit und damit die hohe Verantwortung des einzelnen. Diese Gründe sowie die erwiesene Sicherheit der Arbeitsplätze, deren Zahl auch in dem seit der Ölkrise eher flauen Geschäft im wesentlichen gehalten wurde, ließen die Betriebsräte zur Uberzeugung gelangen, das eigene Unternehmen sei anderen mit zweifellos höheren freiwilligen sozialen und humanitären Leistungen vorzuziehen.

Dabei wird nicht nur das Argument ins Treffen geführt, daß gerade die

spendabelsten Firmen oft jene sind, die ihre Werke bei Auftreten von Schwierigkeiten gern zusperren oder ins Ausland verlegen: die „Multis“. Im Gespräch klingt auch noch ein anderer Aspekt an: Wenn eine Firma ihre-Leute mit sozialen Leistungen -angefangen vom Betriebskindergarten bis zur Verkaufsprämie in Form von Luxusdiners - verwöhnt, dann wird sie das wohl nötig haben. Demgegenüber wollen die Krause-Leute nicht um allfälliger Vergünstigungen willen noch wegen Prämien oder des speziellen sozialen Klimas in ihrer Firma arbeiten, sondern einfach wegen der Arbeit. Was die Betriebsräte ihren Unter-

Ernst Krause & Co. KG (1977)

Geschäftszweige: Sondermaschinenbau

Besitzverhältnisse: Sämtliche Anteile in Händen der Nachkommen von Ernst Krause

Beschäftigte: rund 280

Umsatz: knapp 200 Mill. S

Kapital, Gewinn: keine Angaben

nehmern höher anrechnen als soziale Leistungen, ist die Tatsache, daß sie nicht das Gefühl haben, für besonders „entnahmefreudige Gesellschafter“ zu arbeiten. „Das Geld bleibt in Form von Investitionen in der Firma“, meinen die beiden unisono. „Keine einzige veraltete Maschine steht in den Hallen“, was allein schon daraufschließen lasse, daß die Gesellschafter das notwendige Geld für Investitionen in dem Unternehmen belassen hätten.

Die Investitionsquote hege jedenfalls „weit über dem Durchschnitt“, bestätigt der geschäftsführende Gesellschafter, Dipl.-Ing. Robert Frohn. Er kehrt weniger die (bescheidenen) freiwilligen sozialen Leistungen (Pensionszuschuß, Treueprämie) hervor als das generell hohe Lohnniveau, das gute Einvernehmen mit der Belegschaft, deren Vertreter auch mit nicht Veröffentlichungspflichtigen Bilanzen und Auskünften versorgt werden, sowie last not least die Tatsache, daß die Firma noch lebt.

Bei Ausbruch der sogenannten Ölkrise zählte Ernst Krause etwa zwölf durchwegs deutsche Mitbewerber. Davon haben bisher drei aufgehört zu existieren, zwei weitere hätten ihr Leben ebenfalls ausgehaucht, wären sie nicht von potenten Geldgebern aufgefangen worden.

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