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Endspiel um die Wachau

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Mit Blaubüchern, auf dem Titelblatt die Losung „Keine Staustufe Wachau!“, schritten die Vorstandsmitglieder des Arbeitskreises zum Schutze der Wachau zu Bundespräsident, Bundeskanzler, Landeshauptmann. Ein Kampf, dessen Vorgeschichte vor nunmehr nicht weniger als 18 Jahren (übrigens mit einer Warnung Kurt Skalniks in der FURCHE) begonnen hat, nähert sich seinem Höhepunkt.

Daß sich hier nicht eine Riege verträumter Romantiker gegen den Fortschritt stemmt, zeigt allein schon die Tatsache, daß dem Vorstand, der dem Bundespräsidenten das Blaubuch überreichte, einer seiner engen Mitarbeiter angehört. Und auch der Bundeskanzler zeigte mehr als höfliches Interesse. An Geldfragen, so ließ er verlauten, soll die Rettung einer der schönsten und einer der letzten unzerstörten europäischen Stromlandschaften,' wenn nicht überhaupt der letzten, bestimmt nicht scheitern.

So erscheint nun nach Jahren, in denen sich die österreichischen Kraftwerksbauer auf Nimmerloslassen in den Plan eines Kraftwerksstaudammes bei Dürnstein verbissen zu haben schienen, ein Silberstreif am Horizont. Und es kann dazu kommen, daß ein Projekt, das bei seinem ersten Erscheinen von vielen als wahnwitzig empfunden wurde, einst einen würdigen Platz neben dem Plan des 19. Jahrhunderts, den Wienerwald abzuholzen und zu verbauen, bekommt.

Dabei hat die Donaukraftwerke-AG bereits vor längerem erkennen lassen, daß auf das Kraftwerk eigentlich verzichtet werden könnte. Der Damm allerdings sei trotzdem notwendig — um den künftigen Verkehr der genormten „Europa-Kähne“ auf dem europäischen Fluß- und Kanalnetz nicht durch einen Engpaß in der Wachau zu behindern. Denn nur durch einen Danr, sei die geforderte Mindesttiefe garantiert.

Der Arbeitskreis zum Schutz der Wachau, dem neben mehreren Wachauer Bürgermeistern, zahlreichen Bewohnern und Freunden der Wachau und professionellen Landschaftsschützern auch eine stattliche Reihe von Architekten und Universitätsprofessoren angehört, fordert die Ausarbeitung von Alternativplänen, um die geforderte Vertiefung des Strombettes (wobei es nur um wenige Dezimeter geht) anders als durch einen Damm sei die geforderte Dammbau würde nicht nur das ökologische Gleichgewicht stören und den Wachauer Weinbau schädigen (da mit einem verhängnisvollen Kaltluftstau in den Tallagen bei bestimmten Wettersituationen zu rechnen wäre), sondern vor allem das heute in ganz Europa bekannte und berühmte Landschaftsbild dieser insgesamt 33 Stromkilometer bis zur Zerstörung und zum Verlust seiner Identität beeinträchtigen. Die Zeile vom „Land am Strome“, so die Wachau-Freunde, wäre nach einem solchen Wahnsinnsakt jedenfalls aus der Bundeshymne zu streichen.

Gemäß dem Satz von Professor Machura, auch eine Landschaft wie die Wachau sei als Kunstwerk zu betrachten, wurde gleichzeitig mit der Vorlage des Blaubuches die Forderung an den Ministerrat gestellt, auch für die Wachau das vom Europarat vergebene, den Krimmler Wasserfällen bereits verliehene „Europa-Diplom“ zu beantragen. Ein solches Diplom bedeute zwar für eine Landschaft oder ein Naturdenkmal keinerlei Rechtstitel auf Schutz, bewirkt aber doch erhöhten Respekt und vorsichtigeres Vorgehen von Seiten der Energie-, Verkehrs- und sonstigen Technokraten.

„Die Nutzung der Naturkräfte kann und soll nicht verhindert werden, aber die Gefahr liegt in der Totalität der Nutzung bis ins letzte“, erklärte Professor Lothar Machura, der nicht versteht, daß in unmittelbarer Nähe der geplanten Wachau-Staustufe aus dem Titel des Landschaftsschutzes eine Hütte, die statt der gestatteten 12,5 schiere 25 Quadratmeter groß ist, von ihrem Eigentümer halbiert werden muß, während eine einzigartige europäische Kulturlandschaft geopfert werden soll, um den Verkehr der „Europa-Kähne“, der den größten Teil des Jahres ohnehin reibungslos und an bestimmten Tagen trotz der Staustufe ohnehin nicht möglich wäre, etwas glatter zu gestalten. H. B.

Das Zahlenmaterial der einen und das der anderen Seite ist kaum auf einen Nenner zu bringen: Die einen reden vom gegenwärtigen Ärztemangel, die anderen von der Ärzteschwemme der Zukunft. Auf beiden Seiten sind äußerst handfeste politische Interessen im Spiel. Die Ärzteschaft war in der Verfolgung ihrer Standesinteressen noch nie sehr zurückhaltend und schlägt in letzter Zeit, teils unter dem Einfluß einer neuen Kammerführung, aber vielleicht auch unter dem Eindruck einer äußerst aggressiv betriebenen ärztlichen Standespolitik in der Bundesrepublik, eine zusehends schärfere Gangart ein. Zweifellos zählen die Ärzte — auch unter den Akademikern — zu den Privilegierten. Eine Ärztezahl, die vom Standpunkt der Volksgesundheit noch lange nicht das Optimum darstellen muß, könnte aus dem Blickwinkel der Standesinteressen durchaus bereits ein Zuviel bedeuten.

Regierung, Regierungspartei und die ihnen nahestehenden Kräfte wiederum können nur an einer größeren Zahl von Ärzten interessiert sein. Nicht nur, um in Wahlkämpfen mit dem Erreichten prunken zu können, sondern auch, weil bei der gegenwärtigen Zahl der Ärzte die Vorsorgenmedizin, wie sie jetzt gesetzlich geregelt ist, eine Farce bleiben muß.

Vor allem aber: Je mehr Ärzte, um so besser der Stand ihrer Gegenspieler, der Sozialversicherungsfunktionäre, in den notorisch harten Honorarverhandlungen. So steuern denn die sozialmedizinischen Probleme Österreichs immer heilloser in die gründlichste Verpolitisierung. Und zwar auf beiden Seiten. Zu fordern wäre eine von beiden Seiten gemeinsam erarbeitete Berechnung des künftigen Ärzteangebotes — und des zu erwartenden, aber an nun doch etwas höheren Ansprüchen als jenen, denen gegenwärtig entsprochen wird, orientierten Bedarfs, sozusagen ein „Weißer Bericht“ als Pendant zum „Grünen Bericht“.

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