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Für den Papst gibt es keinen Stellvertreter

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Wer leitet die römische Kurie, wenn der Papst schwer krank ist? Als Antwort auf diese Frage genügen eigentlich zwei Worte: der Papst. Es liegt im Wesen des päpstlichen Amtes, daß es für die Aufgaben der universalen Kirche keine Stellvertretung gibt. Die kurialen Dikasterien (=kirchliche Zentralstellen) wie Kongregationen, Sekretariate, Ämter und Gerichte üben in Teilbereichen unter der Leitung des Papstes die ihnen zugewiesenen Aufgaben im Rahmen ihrer Kompetenzen aus, aber sie sind keine autonomen Organe.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat wiederholt eine Modernisierung der Kurie gefordert, und zwar in zweifacher Hinsicht. Personell wurde eine größere Internationalisierung vor allem der leitenden Persönlichkeiten gefordert. Sachlich wurde eine klare Abgrenzung der Aufgaben und Kompetenzen und die Auflassung antiquierter Einrichtungen gefordert.

Beides ist durch die Gesetzgebung Pauls VI. geschehen. Man kann sagen, daß die Konstitution „Regimini Eccle- siae Universae“ vom 18. August 1967 und das zugehörige „Regolamento Generale della Curia Romana“ vom 28. Februar 1968 zu den besten Gesetzeswerken Pauls VI. zählen und sich seither gut bewährt haben.

Nach dem neuen Aufbau der Kurie kommen zwei Organen gerade für schwierige Aufgaben besondere Kompetenzen zu: dem Staats- und päpstlichen Sekretariat (Secretaria Status seu Papalis) und dem heiligen Rat für die öffentlichen Angelegenheiten der Kirche (Sacrum Consilium pro Publicis Ecclesiae Negotiis).

Beiden steht der Kardinal-(Staats-) Sekretär vor, einmal - im Sekretariat - als Kardinalsekretär und das andere Mal - im Rat - als Kardinalpräfekt. Außer den dem Staatssekretariat zukommenden Agenden kann der Papst diesem seinem päpstlichen Sekretariat alles zuweisen, was er ihm geben will.

Das Consilium setzt sich aus allen Kardinalen, die Ämtern oder Gerichten vorstehen, zusammen, doch kann der Papst, wie Paul VI. dies schon beim ersten Zusammentritt am 17. Juni 1968 tat, auch andere Kardinale oder kuriale Persönlichkeiten dazu einladen. Dieses Consilium kann praktisch über alles be raten, was der Papst ihm zuweist und, wenn der Papst dies wünscht, auch beschließen.

Angesichts dieser Sachlage ist es klar, daß Kardinal-Staatssekretär Ca- sarolli sofort seine Reise nach Amerika abbrach, nach Rom zurückflog und sofort nach der Operation vom Papst empfangen wurde. Ich habe Ursache, anzunehmen, daß die Kurie und insbesondere das Staatssekretariat schon längst Weisungen hat, was in einem so erschütternden Fall zu geschehen hat und wie die Geschäfte fortzusetzen sind. Natürlich wird es darunter Angelegenheiten geben, die der Papst sich zur Entscheidung persönlich vorbehält, wie beispielsweise die Bischofsernennungen, die bisher immer seine Entschließung waren.

Attentatsversuche hat es ja schon vorher gegeben, und der Papst war sich, wie man heute sieht, voll bewußt, daß er in der Erfüllung seiner Mission auch persönlichen schwersten Schaden erleiden kann und leider tatsächlich erlitten hat.

Zugleich aber bin ich der Überzeugung, daß er auch in diesen Stunden und Tagen nach wie vor bei seiner großen Pflicht und Aufgabe bleibt und die Kirche nach wie vor sein Leben ist. Als Christen können wir daher beruhigt sein, daß die römische Kurie seine Kurie ist.

Durch die Neuregelung wurde übrigens der governatore, der praefectus, des Vatikanstaates dem Kardinal- Staatssekretär unterstellt, so daß auch in der Verwaltung des kleinen päpstlichen Staates keine Unterbrechung oder Änderung eintritt.

Auch als Juristen, glaube ich, können wir in dieser Rechtslage das Walten der Vorsehung erkennen. Wir alle aber sollten der Mutter Gottes von Tschen- stochau danken, daß sie ihren Sohn so treu beschützt. Johannes Paul II. hat in sein Wappen ein großes „M“ aufnehmen lassen. Es steht für „Maria“,dieer als seine Schutzfrau schon in seinen ersten Worten nach der Wahl erwählt hat. Für uns alle gilt, sie zu bitten, daß sie ihn uns erhalten möge.

Nicht nur die Kurie, wir alle brauchen diesen Papst.

Der Autor ist emeritierter Universitälsprofessor Tür Kirchenrecht.

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