7061377-1991_38_04.jpg
Digital In Arbeit

Gefährliche Informationen über Chinas Geheimkirche

19451960198020002020

Zum wiederholten Male muß sich Vatikansprecher Navarro heuer mit dem Dauerbrenner „Geheimbischöfe" herumschlagen. Und immer wieder gibt es nichts zu dementieren, zu beschönigen, sondern nur zu bedauern.

19451960198020002020

Zum wiederholten Male muß sich Vatikansprecher Navarro heuer mit dem Dauerbrenner „Geheimbischöfe" herumschlagen. Und immer wieder gibt es nichts zu dementieren, zu beschönigen, sondern nur zu bedauern.

Werbung
Werbung
Werbung

Der Ostasienexperte des Jesuitenordens, Pater Josef Pittau, meinte der katholischen Kirche in der Volksrepublik. China einen guten Dienst zu erweisen, indem er auf die Situation der geheimen „romtreuen" Bischöfe im Untergrund und die zunehmende Hinwendung der sogenannten „patriotischen" Bischöfe in Richtung Vatikan hinwies. P. Pittau wählte die todsichere Form einer großen Pressekonferenz in Rom. Er informierte die Medienvertreter dahingehend, daß 60 romtreuen Geheimbischöfen, die nicht zuletzt wegen ihrer geheimen Bischofskonferenz von den staatlichen Behörden seit Monaten schikaniert werden, ebenfalls 60 sogenannte „Patrioten" im Besitz der Bischofsweihe gegenüberstünden.

Die Sensation für die Medien ist jedoch die Schritt um Schritt erfolgende Anerkennung dieser Bischöfe durch den Papst. Und auch hier kann* P. Pittau mit Zahlen aufwarten: 20 von 60 „Patrioten" sind bereits anerkannt. Dies war bisher nur Experten bekannt. Jene Bischöfe, die Rom ein Zeichen der Treue und der Verbindung, mitunter in schlichter Briefform gaben, haben ihre Anerkennung durch Rom auf geheimen Wegen erhalten. Es ist mehr als eine heikle Frage, welche Folgen die Indiskretionen des Jesuiten-Experten für die beiden Bischofskollegien haben werden. Die im Westen nur in Fragmenten bekannte Verfolgung der katholischen Kirche in China dauert ziemlich exakt 40 Jahre an. Die Prognosen über den künftigen Weg der Kirche in einem der letzten totalitären Staaten dieser Erde sind vorsichtig und differenziert.

Seit 1951 war man mit unterschiedlichen Erfolgen auf dem Weg zur Nationalkirche. Der Gedanke richtete sich sogar auf die Einsetzung eines chinesischen Papstes, ein Gedanke, den man später allerdings wieder verwarf. Unter Mithilfe einer kleinen Zahl „fortschrittlicher" Katholiken bestellte die chinesische Regierung ein „Komitee der Reformkirche", das von ihr als alleinige kirchliche Leitungsstelle betrachtet wurde. Der Charakter einer Nationalkirche wurde 1958 so richtig deutlich. Die erste, ohne Mitwirkung Roms erfolgte Bischofsweihe wurde am 16. Dezember 1957 Li Hsi-ting gespendet. Die genaue Zahl der seither gewählten und geweihten Bischöfe erreicht die Zahl von mehr als hundert. Auch die Zahl der romtreuen Geheimbischöfe ist groß, der Blutzoll gewaltig.

Die Beweise, daß solche Informationen - zurück zu P. Pittau - verheerende Wirkungen haben können, zeigt der stellvertretende Chefredakteur der FURCHE, Franz M. Gansrigier, in einem rechtzeitig zur Frankfurter Buchmesse 1991 vorliegenden Buch auf. Der Titel „Jeder war ein Papst" (Otto Müller-Verlag, Salzburg). Das Buch, in Form von Interviews und Reportagen gehalten, schließt an mein eigenes aus dem Jahre 1981 „Bischöfe für den Untergrund" (Herold Wien) an. Gansrigier kann anhand eines herausgegriffenen Beispiels aufzeigen, welch lebensbedrohende Folgen eine Meldung, ein Kommentar haben kann. Aus dem Kreis um den kürzlich zum Kardinal kreierten „Geheimbischof' Jan Korec (mittlerweile Vorsitzender der regionalen slowakischen Bischofskonferenz und Ordinarius der Diözese Nitra/Neutra) erfuhr der bei Radio Free Europa werkende Salesia-ner Anton Hlinka Details über den verheirateten Geheimbischof Fridolin Zahradnik und seine Mitarbeiter.

Starke Verbitterung

Ebenso detailliert berichtete Hlinka dann im Rundfunk, wo er - nicht unbedingt auf Wunsch seiner Ordensoberen - tätig war. Die Folgen waren erschreckend: Fünf Jahre Gefängnis, LagerfürdenBischof(1983bisl988). Nun wollte P. Hlinka dies mit einer kurzen Entschuldigung gut machen. Der Bischof hat sich für diese Geste auf seine Weise bedankt... Für dieses Fehlverhalten wurden der Salesianer mit dem untrüglichen Mediengespür so wie sein Mentor Korec belohnt! Unter der Führung des ehemaligen Geheimbischofs Peter Dubovsky, der im fernen Bänska Bystrica sitzt, ordnet und leitet Hlinka, inzwischen natürlich in die Slowakei übersiedelt, die kirchlichen Medien im Bereich der regionalen Bischofskonferenz. Wen wundert es daher, daß Verbitterung an die Stelle von Verwunderung getreten ist.

Die Frage der geheimen Priester und Bischöfe in derCSFR weitet sich inzwischen vom „heißen Eisen" zum Skandal, in dem Rom und die Ortskirche wohl dosiert die Verantwortung tragen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung