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Große Anliegen, beschränkte Macht

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Ohne allzuviel Aufhebens fand letzte Woche ein Ereignis statt, dem grundsätzlich beträchtliche Bedeutung zukommt: Ehemalige Regierungschefs trafen sich unter dem Titel eines „Inter Aktionsrates“ für Internationale Zusammenarbeit vom 16. bis 18. November in Wien.

Der aus 26 Mitgliedern bestehende Aktionsrat wurde im März dieses Jahres unter dem Vorsitz von Kurt Waldheim gegründet. Ihm gehören 13 Vertreter aus der Dritten Welt, zehn aus dem Westen und drei aus dem Ostblock an.

Der Generalsekretär des Rates ist der erfahrene Administrator des Entwicklungsprogramms der

Vereinten Nationen (UNDP), Bradford Morse. Zu den bekanntesten Vertretern dieses neuen Gremiums zählen der Senegalese Leopold S. Senghor, Helmut Schmidt, der allerdings nur bei der Gründungsversammlung anwesend war und der Japaner Ta- keo Fukuda, der diese Sitzung einberief. Seit der Gründungssitzung im März trat der Lenkungsausschuß schon einige Male zu-sammen, die erste regelrechte Vollversammlung fand aber erst jetzt statt..

Der Rat will sozusagen hinter den Kulissen der offiziellen Amtsgeschäfte Fäden ziehen und Weichen stellen, um an den politischen und wirtschaftlichen Unruheherden zu vermitteln und tragfähige und aussichtsreiche Lösungen für die Zukunft in Gang zu setzen.

Die Gedanken und Überlegungen, die sich die Mitglieder des Gremiums während der drei Tage in Wien machten, sind interessant, wenn auch keineswegs neu. Sie sind im wesentlichen auf zwei Gebiete konzentriert:

• auf den Einsatz für Frieden und Abrüstung und

• auf die internationalen Wirtschafts- und Entwicklungsprobleme.

Innerhalb des erstgenannten Zusammenhangs wollen die Mit glieder bei allen Gesprächen über Rüstungsabbau und -kontrolle, wie z. B. bei den Verhandlungen in Genf, aber auch in Kontakten außerhalb internationaler Verhandlungen, eine Verringerung der konventionellen und atomaren Waffenproduktion, eine Verhinderung der Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa und in anderen Teilen der Welt und eine Beschränkung der Waffenexporte in die Dritte Welt erreichen.

Außerdem überlegten die Ratsmitglieder Vorgangs weisen, um an den Spannungsherden im Nahen Osten, in Asien, in Mittelamerika und in der Karibik zu vermitteln.

In dem anderen Bereich, dem der wirtschaftlichen Weltentwicklung und der Situation der Dritten Welt, war der Stand der Überlegungen offensichtlich konkreter. Wie bei den Vorberei-tungsarbeiten für die 6. Welthandels- und Entwicklungskonferenz (UNCTAD VI), die im Juni in Bel grad stattfand, wurden auch hier die Wechselwirkungen zwischen wirtschaftlicher Rezession in den Industriestaaten und den ungeheuren Schwierigkeiten, in denen sich die Dritte Welt, vor allem im Hinblick auf die Verschuldung befindet, deutlich gesehen.

Die Handlungsperspektive des Rates liegt nun in einem Plädoyer für eine Senkung der Zinsen und in einem kurzfristigen Moratorium für die Schuldnerländer, wobei sogar die teilweise oder völlige Streichung der Schulden ins Auge gefaßt wird.

Um eine langfristige Änderung und Besserung der Situation zu erreichen, soll nicht später als 1984 eine internationale Währungskonferenz einberufen werden.

Aber nicht nur die Verschuldungsproblematik, sondern auch der wachsende Protektionismus der Industrieländer und die Stagnation der Entwicklungshilfe standen auf dem Programm der Tagung.

So eindrucksvoll die Liste der Teilnehmer allerdings ist und so einleuchtend der Ansatz dieses informellen Gremiums, das überall dort einsetzen will, wo Großorganisationen wie die UNO blok- kiert sind, auch ist, so gibt es doch auch Bedenken: Die Großmächte glänzen durch Abwesenheit.

Es wurden zwar Gespräche mit dem früheren US-Präsidenten Gerald Ford geführt, aber dieser konnte bis jetzt die Mitgliedschaft nicht mit seinem Zeitplan in Einklang bringen. Völlig unklar beziehungsweise unwahrscheinlich ist die Teilnahme der Sowjetunion, wodurch die Erfolgsaussichten dieses aktionsorientierten Gremiums wesentlich beeinträchtigt werden.

Ein anderer Anlaß zur Skepsis ergibt sich aus der Tatsache, daß die Mitglieder zwar großteils einstmals Gewicht hatten, aber heute in vielen Fällen von der Macht ausgeschlossen und sogar mit einer grundsätzlichen politischen Kehrtwendung in ihren Ländern konfrontiert sind.

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