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Kirchenrecht

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Seit 25 Jahren treffen sich jährlich Absolventen des Kir- chenrechtsstudium an der päpstlichen Universität Grego- riana zu Fachgesprächen. Kürzlich wurde bei so einem Treffen in Brescia in einer Homilie folgendes überlegt: Wie beeinflußt das Recht das Leben der Kirche?

Manche fürchten, es hindere das Leben der Kirche. Aber schafft nicht die Kirche selbst ihr Recht? Vom Wesen der Kirche her müßte auch ihr Recht geprägt sein. Zu ihrem Wesen gehört, daß Kirche Communio, Gemeinschaft ist. Welche Art von Gemeinschaft aber?

Kirche ist vor allem Gemein- schaft mit und vor Gott. Kir- chenrecht müßte also inspiriert sein von jenem Geist, in dem Gott an seinem Volk handelt. Gott bot seinem Volk immer neu seinen Bund an und bleibt ihm trotz aller Untreue treu. Er führte es aus der Gefangen- schaft und gab ihm in der Wüste sein Gesetz, damit es durch dessen Beobachtung künftig die Freiheit wahren kann. Er über- läßt seinen Sohn dem Tod und hat ihn auferweckt, damit un- ser Tod vernichtet und das Leben neu geschaffen werde.

Muß so gesehen nicht auch das Kirchenrecht anstreben, Freiheit zu wahren, den Weg zum Heil zu ebnen, dem Leben Raum zu geben, Anstoß zu sein, dieses zu erneuern?

Gemeinschaft in der Kirche bedeutet auch „ Teilhabe ": Gott läßt uns ohne Verdienst teilha- ben an seinem Leben, seiner Hebe, an seinem Wort und an der Gnade durch die Sakra- mente. Das Recht gibt noch kein Anrecht auf die Gnade. Aber es hat den Gläubigen vielfach Wege zum Heil zu eröffnen.

Auf die Wortverkündigung angewandt heißt das, daß das Recht nicht nur die Lehre schützen darf, sondern auch alles zu ermöglichen hat, da- mit „allen Geschöpfen" viel- fältig gepredigt werden kann. So hat es der Auferstandene ja selbst seinen Jüngern be- fohlen. Jenes Recht aber, das die Liturgie ordnet, darf diese nicht erstarren lassen, son- dern hat auch ihre ständig notwendige Erneuerung zu fördern.

Gemeinschaft in der Kirche bezeichnet schließlich jene der Gläubigen untereinander. Sie ist in der Lehre vom gemeinsa- men Priestertum begründet. Diese Gemeinsamkeit aus der Würde der Taufe geht zunächst allen Unterschieden von Äm- tern, Diensten und Charismen vor. Kirchenrecht darf nicht nur Vollmachten abgrenzen, sondern den Gläubigen besser möglich machen, ja, sie ermu- tigen, alles in ihrer Kraft Ste- hende zum Aufbau des Leibes Christi beizutragen.

Man braucht also das Recht nicht zu fürchten, es sei denn, die die es setzen, lehren oder anwenden, vergessen, daß Kir- chenrecht sich stets am Wesen der Kirche ausrichten und ih- rem Heilswirken dienen muß.

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