6839997-1975_38_08.jpg
Digital In Arbeit

„Mit Syrien niemals Frieden“

19451960198020002020

Abba Eban, langjähriger ehemaliger Außenminister, gehört noch immer zu den führenden Politikern Israels. Im folgenden Interview versucht er, sich kritisch mit dem Teilabkommen zwischen Ägypten und Israel auseinanderzusetzen und ein Bild der nahen Zukunft zu zeichnen.

19451960198020002020

Abba Eban, langjähriger ehemaliger Außenminister, gehört noch immer zu den führenden Politikern Israels. Im folgenden Interview versucht er, sich kritisch mit dem Teilabkommen zwischen Ägypten und Israel auseinanderzusetzen und ein Bild der nahen Zukunft zu zeichnen.

Werbung
Werbung
Werbung

FURCHE: Was halten Sie von dem Zwischenabkommen, das dieser Tage zustande gekommen ist?

EBAN: Die Befürworter dieses Abkommens haben seine Wichtigkeit übertrieben. Doch dies ist noch gar nichts im Vergleich zu den Übertreibungen der Gegner, die seine Gefahren krasser dargestellt haben, als sie wirklich sind.

Nach diesem Vertrag • gibt es noch immer keinen Frieden und alle wichtigen Probleme bleiben weiterhin ungelöst — die endgültigen Landesgrenzen, das Palästinenser-Problem, ein eventuelles Abkommen mit Jordanien und Syrien. Allerdings — ohne dieses Teilabkommen wäre die Atmosphäre noch mehr vergiftet, wäre die Kriegsgefahr noch größer. Aber die Hauptprobleme wurden nicht gelöst.

1974, nach der Unterzeichnung des ersten Entflechtungsabkommens mit Ägypten und Syrien, war ich der Ansicht, daß wir sofort zu Friedensverhandlungen übergehen müßten, die selbstverständlich mit großen Gebietsverzichten verbunden wären. Wenn man jedoch vor die Wahl gestellt wird, das Teilabkommen zu unterzeichnen oder nicht zu unterzeichnen, so ist natürlich die Unterzeichnung vorzuziehen. Doch die Annahme, daß man nun eine Ruhepause von drei Jahren einschalten könne, ist völlig fehl am Platz. Gerade eine solche Tendenz ist jedoch in den Reden verschiedener Regierungsmitglieder zu verspüren. Es wäre eine Illusion, zu glauben, daß uns die Araber für die von uns zurückerstatteten 15 Prozent der Sinai-Halbinsel nun drei Jahre lang ungestört unsere Positionen ausbauen lassen. Schon in naher Zukunft werden wir der fortdauernden politischen Spannung gewahr werden. Das kann gefährlich werden, wenn unsere Politiker nicht schon heute diese Situation vorhersehen. Wir müssen der israelischen Regierung solche Vollmachten geben, daß sie territoriale Kompromisse eingehen kann, wo immer diese erforderlich sind, um einen Frieden zu erreichen; dies inklusive West-Jordanien (Judäa und Sa-maria). Eventuell müßte man zu diesem Zweck Neuwahlen abhalten.

FURCHE: Wie glauben Sie, dies zustande zu bringen, wenn es schon bei den unwesentlichen Gebietsverzichten, die auf dem Spiel standen, zu derart stürmischen Demonstrationen gekommen ist?

EBAN: Ich nehme an, daß Syrien sich bald zu Wort melden wird. Man wird uns die Frage stellen, wie wir uns einen Frieden vorstellen und auf was wir bereit sind, zu verzichten. Doch bevor es soweit ist, muß die Regierung erneut das Vertrauen des Volkes erhalten und eine große Aufklärungskampagne einleiten, die veranschaulicht, daß es ohne territorialen Verzicht keinen Frieden geben kann.

FURCHE: Wie stellen Sie sich die Verhandlungen mit Syrien vor? Erst dieser Tage haben einige Minister erklärt, daß Israel auf keine jüdische Siedlung auf den Golanhöhen verzichten wird.

EBAN: Ich bin auch dafür, daß wir auf den Golanhöhen bleiben. Aber wenn wir dort auf gar nichts verzichten, wird es mit Syrien niemals Frieden geben. Man muß berücksichtigen, daß das Wohl des ganzen Staates Israel wichtiger ist als die Existenz der einen oder anderen Neuansiedlung auf den Golanhöhen. Die Gefahr, daß die eine oder andere Siedlung aufgegeben werden müsse, war den Neuansiedlern bewußt, als sie auf die Golanhöhen gingen. Wir haben lediglich die Versicherung abgegeben, daß man im Rahmen eines Zwischenabkommens auf keine jüdischen Siedlungen verzichten werde.

Dieses Problem ist derzeit allerdings nicht aktuell, da Syrien“ keine Friedensverhandlungen vorschlägt.

In bezug auf ein weiteres Entflechtungsabkommen mit Syrien haben wir wirklich nur wenig zu bieten und es könnte sich hier nur um „kosmetische“ Grenzkorrekturen handeln.

FURCHE: Was würden Sie für die Zukunft vorschlagen?

EBAN: Erstens müssen wir uns selbst einmal klarmachen, auf was wir verzichten können, um sichere Grenzen zu erhalten — ohne freilich solche Details zu veröffentlichen.

FURCHE: Glauben Sie, daß die Ägypter bei den Verhandlungen klüger als die Israelis vorgegangen sind?

EBAN: Die Ägypter haben zu Beginn der Verhandlungen ihre Bedingungen gestellt und sind von diesen nicht abgewichen — Israels Ausgangspunkt hingegen war maximal, wobei das Erreichte nur einen Teil des Geforderten darstellt. Trotzdem bin ich davon überzeugt, daß ein definitives Abkommen nur zustande kommt, wenn beide Parteien glauben, daß dies ihren Interessen dient.

Mit Abba Eban sprach FUR-CHE-Korrespondent Shraga Har-Gil in Tel-AviV.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung