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Moskaus Raketen-Druck auf Ostasien

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Einem Thema scheint bei den Vorbereitungen für die künftigen Abrüstungsgespräche zwischen den Supermächten in Genf zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt zu werden: dem ständig wachsenden sowjetischen Raketenarsenal in Ostasien, das vor allem Japan, die Volksrepublik China und Südkorea bedroht.

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Einem Thema scheint bei den Vorbereitungen für die künftigen Abrüstungsgespräche zwischen den Supermächten in Genf zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt zu werden: dem ständig wachsenden sowjetischen Raketenarsenal in Ostasien, das vor allem Japan, die Volksrepublik China und Südkorea bedroht.

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Kunst beschlossenen Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion über Begrenzung und Abbau von Nuklearwaffen stehen interkontinentale und in Europa stationierte Waffensysteme im Vordergrund. Daß die Sowjetunion auch in Asien ständig mehr Lenkwaffen mit Nuklearsprengköpfen aufstellt, die China, Japan und die Philippinen im Schußfeld haben, wird offenbar nur am Rande zur Kenntnis genommen, hierzulande aber mit Sorge bemerkt. Das erklärt einige bemerkenswerte Entwicklungen in der Sicherheitspolitik Nordasiens.

In Japan steht gerade das Budget für 1985 im Reichstag zur Diskussion, nachdem die magische Grenzlinie von einem Prozent des Bruttosozialprodukts für Verteidigungsausgaben, die von Premier Miki 1976 im Zeichen der Entspannung beschlossen worden war, als das Wirtschaftswachstum sich um gesunde zehn Prozent bewegte, wahrscheinlich durchbrochen wird. Rund 255 Milliarden Schilling sind eine beträchtliche Summe, doch gehen zwei Drittel auf das Personalkonto.

Der Wehrminister Koichi Kato ließ eine wohlgehütete Katze aus dem Sack, als er erklärte, wenn Japan aus eigener Kraft eine glaubwürdige Verteidigung aufbauen wollte, wären Aufwendungen in der Größenordnung von 5,6 Prozent des Bruttosozialproduktes gefordert.

Amerikanische Kritiker werfen Japan seit Jahren vor, es genieße auf Kosten der USA eine Freifahrt im Verteidigungsbereich.

Kato gab zu, daß das Verteidigungsprogramm, das 1976 formuliert worden war, noch bei weitem nicht erreicht sei. Von den 430 Kampfflugzeugen, die damals für die Luftwaffe gefordert wurden, seien heute weniger als 340 einsatzfähig. Der Einsatz der neuen „Patriof'-Lenkwaf f e fordere Milliardenaufwendungen, aber auch die bestehenden Abwehrraketen müßten ständig auf den neuesten Stand gebracht werden.

China teilt das Gefühl der Bedrohtheit durch sowjetische Raketen. Die USA sind in Nordasien nicht in gleichem Maße engagiert, da hier im Gegensatz zu den NATO-Staaten kein Militärbündnis besteht. Doch sucht China deutlich Anlehnung an die USA in dem Bestreben, die veraltete Rüstung der zahlenmäßig stärksten Armee der Welt zu modernisieren.

Schwierigkeiten bestehen hier nicht nur im Hinblick auf die enormen Kosten. Die amerikanischen Restriktionen für Exporte in kommunistische Länder verhinderten bis jetzt die Lieferung von Offensivwaffen und militärisch verwendbarer Computeranlagen.

Mitte Jänner aber stattete erstmals seit Errichtimg der Volksrepublik der Vorsitzende der amerikanischen Stabschefs, General John Vessey, China zur Inspektion der Volksarmee einen Besuch ab. Ohne Zweifel wurde die Ausstattung Chinas mit Defensivwaffen diskutiert.

Am 27. Jänner traf bereits als Folge dieser Verhandlungen eine Delegation unter dem Vizesekretär der Marine, Melvin R. Paisley, in Peking ein, um den Verkauf von U-Bootbekämpfungswaffen und von Ausrüstung für Zerstörer zu diskutieren. Es wäre der erste größere Verkauf amerikanischer Waffen dieser Art an die Volksrepublik. Ohne Zweifel wird die Abwehr von Lenkwaffen demnächst ebenfalls ins Gespräch kommen.

Südkorea fühlt sich am unmittelbarsten bedroht. Denn hier trennt nur eine Waffenstillstandsgrenze 1,5 Millionen hochgerüsteter Soldaten. Wie üblich wurden am 1. Februar die sechs Wochen dauernden Manöver „Team Spirit 1985” begonnen, an denen 200.000 Soldaten aus Südkorea und den USA teilnahmen.

Nordkorea drohte, nachdem „Isvestia” in Moskau die Manöver als Provokation denunziert hatte, die eben erst angelaufenen Besprechungen mit dem Süden über Wirtschaftsfragen, aber auch die Rotkreuzkonferenz über Familienzusammenführung, abzusagen, falls die Manöver durchgeführt würden.

Mittlerweile haben die Südkoreaner ein neues Parlament gewählt, und wie der aus den USA zurückgekehrte Oppositionspolitiker Kim Dae Jung, der noch unter Hausarrest steht, erklärte, verdeutliche der Urnengang ein Streben nach Demokratie.

Noch ist schwer vorauszusehen, wie sich dieser Wahlgang auf das innenpolitische Klima Südkoreas auswirken wird.

Auf jeden Fall aber könnten die permanenten Spannungen in Nordasien entschärft werden, wenn auch die Raketensysteme der Sowjetunion in Asien in den Genfer Abrüstungsgesprächen intensiv behandelt würden.

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