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Pionier mit Glück

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„High-Tech“ steht international für den innovativen, mittelständischen Pionierunternehmer. Eine Studie in der Bundesrepublik zeigt richtiges Gründungsverhalten.

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„High-Tech“ steht international für den innovativen, mittelständischen Pionierunternehmer. Eine Studie in der Bundesrepublik zeigt richtiges Gründungsverhalten.

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Hochtechnologie - das ist der Sammelbegriff für hochspezialisierte Industriebranchen wie Mikroelektronik, Biomechanik und Kommunikationstechnik.

Hochtechnologie bedeutet aber auch gleichermaßen große Unsicherheiten sowie Zukunftshoffnungen in der Wirtschaft.

Erstere, da der mit diesen Technologien verbundene Strukturwandel zu Freisetzungen von Arbeitskräften, zu neuen Arbeitsund Marktbedingungen führt. Letztere, da keine andere Branche in der westlichen Industriewelt derart hohe Wachstumsraten und viele Arbeitsplätze beschert. ,

Schließlich steht Hochtechnologie auch für den innovativen, mittelständischen „Pionierunternehmer“. Denn bei der Etablierung dieser neuen Märkte und Branchen spielen weltweit Mittel- und Kleinbetriebe eine führende Rolle.

Wodurch unterscheiden sich nun diese Pioniere im „High-Tech“-Bereich von anderen Branchen? Eine in der BRD durchgeführte Langzeitstudie über 67 derartige Unternehmensgründungen im Hochtechnologiebereich gibt Aufschluß über richtiges Gründungsverhalten.

Da ist einmal der Unternehmensgründer selbst, der sich durch seinen Ausbildungsgrad von anderen mittelständischen Unternehmern unterscheidet. Genügt für andere Retriebsgrün-dungen oft ein Haupt- oder Mittelschulabschluß, so ist im „High-Tech“-Rereich die Hochschulbildung unumgänglich. Statistisch dominiert jedenfalls der Diplomkaufmann oder Diplomingenieur mit praktischer Rerufserfahrung vor Fachleuten mit Doktortitel.

Hans Albach, Vorstand des Ronner Instituts für Mittelstandsforschung und Leiter der Untersuchung, kann sich einen Seitenhieb auf die universitäre Ausbildungssituation nicht verkneifen: „An den Universitäten werden hochgezüchtete Spezialisten mit einem hohen Grad an Arbeitsteilung produziert. In der Großindustrie mögen diese ja ihre Abnehmer finden, für den Hochtechnologiebereich brauchen wir aber Flexibilität und praktische Kenntnisse.“

Ein Defizit, dessen sich viele Re-triebsgründer durchaus bewußt sind, denn die Mehrheit der erfolgreichen Retriebsgründungen erfolgte im Team, Wissens- und

Erfahrungsmängel konnten ausgeglichen werden.

Mit gewichtigeren Problemen als in anderen Branchen sieht sich der „High-Tech“-Gründer aber auch nach dem erfolgten Start konfrontiert. So weisen hochspezialisierte Produkte eine viel höhere Markteintrittsdauer auf. 10,6 Monate beträgt allein der errechnete Durchschnitt für die Vorbereitungsphase, mit weiteren elf Monaten muß von der eigentlichen Gründung bis zur Her-

Stellung eines marktreifen Produktes gerechnet werden.

In dieser Zeit wird also an den „Null-Nummern“ der Produkte gefeilt, was auch erst einmal finanziell durchgestanden werden muß. Hohes Startkapital ist somit unabdingbare Voraussetzung.

Ist diese Startphase überwunden, so überholen erfolgreiche Neugründungen punkto Marktanteil, Beschäftigung und Wachstum herkömmliche Rranchen meist innerhalb von drei Jahren. Die Retonung soll hier auf „erfolgreich“ liegen, denn bei den übrigen macht sich nach eben diesen entscheidenden drei Jahren eine deutliche Stagnation bemerkbar.

Was haben die Erfolgreichen nun besser gemacht? Erfolgreiche investieren mehr Zeit und Aufwand in die Produktplanung. So läßt aufhorchen, daß 80 Prozent der erfolgreichen Jungunternehmer am Anfang über nicht mehr als eine Konstruktionszeichnung und eine zündende Idee verfügten (FURCHE-Serie „Selbständig machen“ in den Nummern 41 bis 48/1985). Da hier wirklich bei Null begonnen wurde, mußten Produktentwicklung und Marktchancen äußerst sorgfältig geplant werden. Kein Wunder, daß gerade die erfolgreichen Unternehmer zu Reginn sehr viel häufiger über Marktprobleme klagten als andere. In der Regel hatten die untersuchten Erfolgsunternehmer nur Abnehmer ihrer Produkte aus zwei verschiedenen Rranchen, während die zum Mißerfolg Verurteilten zwar fünf Rranchen belieferten, aber schließlich an allen fünf scheiterten.

Ebenso sorgfältig sollte auf die Finanzierung geachtet werden. Im Durchschnitt drei Finanzierungsquellen sowie eine geschickte Ausnutzung derselben kennzeichnen den florierenden „High-Tech“-Retrieb.

Investiert wurde der Großteil der Mittel anfangs aber nicht in betriebliche Expansion, sondern in Produktivitätssteigerungen. So steckten die erfolgreichen Jungunternehmer immerhin zweimal soviel Geld in ihre Produktionsausrüstung wie andere.

Übrigens — am öftesten scheiterten gerade jene Unternehmer, die sich auf ihrem vorhergehenden Arbeitsplatz nicht durchsetzen konnten und deshalb die Flucht nach vorne antraten: Sie konnten sich meist auch als Unternehmer nicht behaupten.

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