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Podgornys Gaben

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Anfang Oktober besuchte eine hohe sowjetische Regierungsund Parteidelegation Nordvietnam unter der Leitung des Staatspräsidenten Nikolai Podgorny. Die Einladung hiezu war von der vietnamesischen Arbeiterpartei entsandt und bereits im April anläßlich des 24. Sowjetischen Parteikongresses von dem in Moskau weilenden Ersten Sekretär der besagten Partei, Le Duan, während einer längeren Beratung mit Breschnjew diesem überreicht worden.

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Anfang Oktober besuchte eine hohe sowjetische Regierungsund Parteidelegation Nordvietnam unter der Leitung des Staatspräsidenten Nikolai Podgorny. Die Einladung hiezu war von der vietnamesischen Arbeiterpartei entsandt und bereits im April anläßlich des 24. Sowjetischen Parteikongresses von dem in Moskau weilenden Ersten Sekretär der besagten Partei, Le Duan, während einer längeren Beratung mit Breschnjew diesem überreicht worden.

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Seit Mitte Juli, als Henry Kissinger in Peking Präsident Nixons Besuch in China „vor dem Mai 1972“ fixierte, gewann Podgornys Visite nach Nordvietnam eine erhöhte Bedeutung, da die Vietnamesen sichtlich nervös geworden waren. Über die Wendung in den chinesischamerikanischen Beziehungen waren nämlich Nordvietnams Kommunistenführer im voraus nicht konsultiert worden. Nichts wird in Hanoi so befürchtet wie ein chinesischamerikanischer Kompromiß! Bereits vier Tage nach der Publizierung des Nixon-Besuchs in China hat die nordvietnamesische Presse Warnun gen an Pekings Adresse veröffentlicht.

Moskau hatte hingegen die Chance gewittert, Pekings Prestige und Einfluß in Südostasien unterminieren zu können. Die russische Propaganda wird seither in dieser Region auf zwei Hauptpunkte konzentriert: Die UdSSR garantiere die Fortsetzung der vielseitigen Hilfe an Nordvietnam und an alle südostasiatischen Kommunisten, und: Moskau wolle die südostasiatischen Partner davon überzeugen, daß das chinesischamerikanische Liebäugeln zum „Verrat des gerechten Kampfes“ der südostasiatischen Kommunisten führen werde. Die Propagandamaschinerie des Radios „Frieden und Fortschritt“ läuft auf hohen Touren. Grundmotiv: „China hilft den amerikanischen Imperialisten, nicht den Patrioten in Vietnam, Laos und Kambodscha.“ Immer wieder wird an die zweifellos enorme bisherige Sowjethilfe erinnert.

Wie man jetzt erfahren konnte,

wurde am 18. August in Moskau ein neues militärisches Hilfsabkommen unterzeichnet. Podgornys Besuch will nun die ungeschmälerte Fortsetzung der russischen Militärunterstützung demonstrieren, verbunden mit entsprechend scharfer antichinesischer Propaganda.

In Peking wird man ihn mit Sicherheit als einen Versuch bewerten, den russischen Einfluß in Südostasien zu erweitern, was schließlich zur Untergrabung der chinesischen Position dort führen müßte. Die Chinesen taten bisher so, als ob sie die intensive russisch-nordvietnamesl- sche Zusammenarbeit auf militärischen und wirtschaftlichen Gebieten übersehen hätten — verhindern hätten sie diese sowieso nicht können.

Für China ist die Lage nicht leichter geworden. Um so weniger, als in der letzten Zeit Japan aus der früheren Statistenrolle heraustrat Und zum Hauptprotagonisten vorrücken möchte. Strategen in Peking sind der Ansicht, daß der militärische Rückzug der USA zur logischen Stärkung des japanischen Einflusses führen müßte. Sind also die Weichen der chinesischen Strategie umzustellen? Das ist momentan die Hauptfrage für die chinesischen Generalstäbler, nicht die baldige Beendigung des Vietnamkrieges, die für sie von zweitrangiger Bedeutung zu sein scheint. Das chinesische strategische Umdenken irritiert Hanoi und führt voraussichtlich zur Intensivierung der vietnamesisch-russischen Kooperation.

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