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Polen — für Europäer

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Wer kennt die Nation der 32 Millionen zwischen Bug und Neiße, zwischen den Karpaten und der

Ostsee?

Polen: das war das slawische Land des fanatisch-brennenden Katholizismus in der Abwehr gegen Ordensritter, Zaren und protestantische Preußen. Das Land, das heute nicht weiß, ob sein so intensiv erlebter Vaterlandsbegriff überhaupt eine Schöpfung der Polen sei; das zwischen Verrat und Treue, zwischen Selbstverständnis und Angst vor Überfremdung durch die Jahrhunderte ging. Polen ist Mythos, nicht exakte Historie. Bis heute.

Witold Wirpsza, 53 Jahre alt, Pole auch vom Lebensschicksal her, schreibt ein Werk über seine Landsleute für die Europäer, die durch Jahrhunderte zwar Herren in Polen, aber nicht Kenner dieser Polen waren. Wirpsza ist in der heutigen Sowjetunion geboren, war polnischer Soldat, als Hitler das Land überfiel, Kriegsgefangener, Schriftsteller im Schatten des Regimes, nicht nahe und nicht fern der Staatsideologie der heutigen Herren an der Weichsel.

Was er mit diesem Buch für Europäer außerhalb der polnischen Grenzen will, erhellt sein Vorwort: „Die Identität des heutigen Polen läßt sich nur erkennen im Lichte des Sterns und des Unsterns seiner Geschichte.“

Ein Geschichtsbuch über Polen also? Von solchen Vorstellungen wird man befreit, liest man Wirpszas

Buch. Das Werk ist nur scheinbar historisch. Es bietet vielmehr eine Charakteristik des Volkes, erläutert an Anlaßfällen aus der Geschichte. Und es enthüllt: Dieses Polen ist zutiefst europäisch und zutiefst einem humanistischen Ideal von Mensch und Gesellschaft verpflichtet; so daß die Schlußfolgerungen auch ohne Verbalisierung durch den Autor klar werden.

Pole, wer bist du?

Du bist ein Mensch aus einem Volk, dem die Geschichte nichts ersparte. Sind historische Erfahrungen für die Gegenwart prägend? Man hofft. Das Buch schließt mit dem Machtantritt des neuen KP-Chefs Gierek. Seither ist offensichtlich in Polen einiges in Gang gekommen. Als Selbsterkennen durch Selbstbestimmen? Hans Magenschab

POLE, WER BIST DU? Von Witold Wirpsza. C.-J.-Bucher-Verlag, Luzern 1971. 271 Seiten.

LOHENGRIN und TANNHÄUSER scheinen König Ludwig II. von Bayern gleichzeitig für den Bau der Burg Neuschwanstein inspiriert zu haben, zumindest hat die Nachwelt diesen Eindruck. Sowohl diese Burg wie auch die anderen Bauten dieses Königs interessieren die heutige Zeit immer noch in stärkstem Maße, obwohl es sich für unsere Begriffe um teilweise sehr kitschige Bauten handelt. Aber das Schicksal dieses Königs, der politisch wie auch kulturell nicht von großer Bedeutung war, interessiert die Menschen immer wieder. Vielleicht weil seine Tragik eine allgemein menschliche Tragik war, und jeder sich im Schicksal dieses Königs wiederfindet. Denn er hatte eine sehr harte und schreckliche Jugend, die ihn für das ganze Leben verbog und zu einem skurrilen Menschen werden ließ. Er hatte alle Chancen, glücklich zu sein und war dennoch ein todunglücklicher Mensch. Er war ewig auf der Jagd nach Liebe, ohne dieses Ziel je zu erhaschen. Ein neues Buch, verfaßt von dem Engländer Wilfried Blont, erschienen jetzt auch in deutscher Übersetzung, beschäftigt sich in Wort und schönen Bildern mit dem seltsamen Schicksal dieses seltsamen Königs. Besonders hervorzuheben an diesem Werk ist die Darlegung der Beziehung des Königs zu Richard Wagner, der ohne die Hilfe Ludwigs II. niemals zu dieser künstlerischen Größe emporgewachsen wäre, in der er der Nachwelt erscheint, wobei sich der König immer sehr großzügig und Richard Wagner manchmal sehr schäbig benahm. Auch dies eine tragische Epoche im tragischen Leben dieses Herrschers. (König Ludwig II. von Bayern. Von Wilfried Blunt. Verlag Prestel, München. 264 Seiten, 54 farbige, 98 Schwarzweißbilder, Preis DM 34.—. Bild: Burg Neuschwanstein.)

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