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(Risiko-)kapitale Idee

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Ende Juni hat die Volkspartei den Entwurfßir ein Zweites Eigentumsbildungsgesetz im Parlament eingebracht. Das erste, dem Thema Wohnen gewidmet, schlummert ebendort. Und die Volkspartei hat wenig getan, um es in Erinnerung zu rufen. A ber auch diesmal möchte die große Oppositionspartei ein gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Signal setzen. Der bekannte Wirtschaftspublizist Horst Knapp hat den ö VP- Entwurfgenauer unter die Lupe genommen:

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Ende Juni hat die Volkspartei den Entwurfßir ein Zweites Eigentumsbildungsgesetz im Parlament eingebracht. Das erste, dem Thema Wohnen gewidmet, schlummert ebendort. Und die Volkspartei hat wenig getan, um es in Erinnerung zu rufen. A ber auch diesmal möchte die große Oppositionspartei ein gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Signal setzen. Der bekannte Wirtschaftspublizist Horst Knapp hat den ö VP- Entwurfgenauer unter die Lupe genommen:

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Um das Ergebins wohl jeder unvoreingenommenen Prüfung vorwegzunehmen: Legistische Mängel wären die fadenscheinigste Ausrede für ein schroffes Nein der sozialistischen Parlamentsmehrheit zu dem von der ÖVP eingebrachten Entwurf für ein „Zweites Eigentumsbildungsgesetz“.

Wie immer man im einzelnen dieses Modell beurteilen mag: nicht in Abrede zu stellen ist, daß es in zwei entscheidenden Punkten der österreichischen Realität Rechnung trägt.

• Erstens insofern, als die Hauptquelle für potentielles Risikokapital nicht in der Restauration der unternehmerischen (Netto-)Gewinnmargen von ehedem, sondern in der wachsenden Spar- fahigkeit der Unselbständigen (und, ohne daß dies irgendwo erwähnt würde, auch gewisser Gruppen von Freiberuflern) vermutet wird.

• Und zweitens dadurch, daß es der Dominanz der nicht in der Rechtsform einer (de jure emmissionsfähigen) Aktiengesellschaft geführten Unternehmen Rechnung trägt.

Allerdings ist die im handelsrechtlichen Abschnitt aufgestellte Grundthese (§2/1): „Beteiligungen nach diesem Bundesgesetz können an Unternehmen jeglicher Rechtsform eingegangen werden“ in drei Fällen fragwürdig: Ohne Änderungen des Genossenschaftsgesetzes können mit Sicherheit keine (reine Kapitel-)Beteiligungen an einem in der Rechtsform einer Genossenschaft geführten Unternehmen eingegangen werden. Ob bei einer Aktiengesellschaft die Ausgabe von „Anteilscheinen“ neben den Aktien möglich (und sinnvoll) ist, läßt sich wohl bezweifeln. Und selbstverständlich hört der Einzel

unternehmer auf, ein solcher zu sein, wenn er zum „Beteiligungsunternehmen“ wird.

Kleine Schönheitsfehler dieser Art sollen aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß man sich um die Lösung der drei Hauptprobleme jeder Beteiligungsfinanzierung ernsthaft bemüht hat:

• Das Problem der „Prospekthaftung“ soll dadurch bewältigt werden, daß die Jahresabschlüsse der vorangegangenen drei Geschäftsjahre mit dem Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftstreuhänders versehen sein müssen und sich die Unternehmensleitung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der geprüften Unterlagen verbürgt.

• Recht gut geglückt ist auch die Interessenabwägung zwischen den legitimen Kontrollwünschen der „Beteiligungsunternehmen“ auf freie Hand in der laufenden Geschäftsführung.

• Grundsätzlich gelöst ist auch das Problem, daß eine ausreichende Rendite häufig nur durch die Kombination von laufendem Ertrag und (realisierbarer) Wertsteigerung zu erzielen ist, was die Handelbarkeit der Anteilscheine voraussetzt.

Zu bezweifeln ist allerdings die De- facto-Börsefähigkeit von auf Namen lautenden und nur durch Indossament übertragbaren Anteilsscheinen, die (mindestens) sieben Jahre lang nur in Ausnahmefällen veräußert werden dürfen und bei denen der Übergang an eine andere Person das Beteiligungsunternehmen zur sofortigen Auflösung des Beteiligungsverhältnisses berechtigt.

Zum Stein des Anstoßes werden in der parlamentarischen Behandlung dieses Entwurfes aber sicher nicht die handelsrechtlichen, sondern die abgabenrechtlichen Bestimmungen des Abschnittes II werden, zumal da die Entwurfverfasser wohl nicht zu Unrecht davon ausgehen, daß die ganze Sache nur dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn beiden Seiten Steuervorteile winken.

Für das Beteiligungsunternehmen ist dies unmittelbar die Behandlung sowohl der ausgeschütteten Gewinnanteile wie der Differenz zwischen Nominalwert und Rückkaufpreis als Betriebsausgabe und mittelbar die Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeitragsfreiheit von jährlich 10.000 Schilling, vermögenswirksamen „Zuwendungen an jeden Arbeitnehmer“.

Für den „Beteiligungsgeber“ soll der Reiz darin liegen, daß für den Beteiligungserwerb eine neue Kategorie von Sonderausgaben geschaffen werden soll, daß die Erträge aus Beteiligungen bis zu 10.000 Schilling je Familienmitglied und Jahr steuerfrei wären und daß die Vermögenssteuerpflicht erst bei (je) 100.000 Schilling an solchen Beteiligungen einsetzt. Der Veräußerungsgewinn schließlich sollte nur insoweit einkommensteuerpflichtig sein, als vorher aus derselben Beteiligung Verluste als Werbungskosten steuermindernd geltend gemacht worden waren.

Objektiv betrachtet, enthält dieses Füllhorn von Steuerbegünstigungen nicht wesentlich mehr, als in der BRD seit langem gang und gäbe ist (und dort gar nicht ausschließlich für die Bereitstellung von Risikokapital) und noch immer weniger als das ungemein erfolgreiche (fast würde man sagen: Volks-Aktienexperiment Schwedens.

Trotzdem sollte es wundernehmen, wenn hier nicht in den Entwurf einiges an Speck verpackt wurde, der sich in der Auseinandersetzung mit der Regierungspartei und insbesondere mit dem Finanzminister heruntermassieren ließe.

Professor Horst Knapp ist Wirtschaftspublizist und Herausgeber der Wochenschrift ..Finanznachrichten". deren Ausgabe vom 10. Juli diese Kurzfassung entnommen ist.

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