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Digital In Arbeit

Warum nicht eine einheitliche Einkommensteuer?

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Sind die österreichischen Arbeitnehmer dümmer als die schweizerischen oder die amerikanischen? In den beiden letztgenannten Staaten

- wie auch in diversen anderen -werden Löhne und Gehälter brutto ausbezahlt und jeder Unselbständige macht seine Einkommensteuererklärung genau so wie jeder Selbständige.

In Österreich ist der bloße Gedanke an ein derartiges System tabu. Es sei einem Arbeitnehmer nicht zuzumuten, sich im komplizierten Steuerrecht auszukennen, weshalb es die Pflicht des Arbeitgebers sei, dies für ihn zu erledigen

- so wird argumentiert.

Aber ist die gleiche Intelligenzleistung, die von jedem Greißler, Handwerker und Bauern verlangt wird, beispielsweise einem hochqualifizierten Facharbeiter oder einer Sekretärin, gar nicht zu reden von den zahlreichen Absolventen höherer Schulen und von Universitäten im Angestelltenverhältnis, wirklich nicht zuzumuten?

Die Selbständigen - soweit ihr Betrieb nicht groß genug ist, um eigene Steuerexperten anzustellen -müssen allerdings heutzutage praktisch ausnahmslos die Hilfe von Steuerberatern in Anspruch nehmen. Den Unselbständigen sei dies

- so wird behauptet - nicht zuzumuten.

Abgesehen davon, daß auch hier nicht einzusehen ist, warum dies dem einen nicht, dem andern schon zugemutet werden kann, wäre es schließlich Aufgabe des Gesetzgebers, für die längst fällige Vereinfachung des gesamten Steuersystems zu sorgen, damit die Abgabe einer Steuererklärung ohne Spezialausbildung zumindest für die Durchschnittseinkommen wieder mög-■ lieh wird.

Etwas plausibler klingt schon das Argument der Arbeitserleichterung

- für die Finanzämter. Diese wird aber nicht dadurch erreicht, daß das Lohnsteuersystem einfach wäre, sondern ausschließlich ^dadurch, daß die Finanzverwaltung die Arbeit und die Verantwortung für die Lohnsteuerverrechnung den Betrieben auflastet,.die als unbezahlte Hilfsarbeiter des Fiskus fungieren müssen.

Angesichts der immer komplizierteren Lohnverrechnung bedeutet dies eine permanente Steigerung des Verwaltungsaufwands für die Firmen, wobei noch dazu kommt, daß diese praktisch sowohl dem Fiskus als auch dem Arbeitnehmer gegenüber verantwortlich sind und die Konsequenzen für jeden noch so verständlichen Irrtum auszubaden haben.

Aber wird damit der Finanzverwaltung wirklich Arbeit erspart? Abgesehen von den umständlichen und auch für den Staat personalintensiven Lohnsteuerprüfungen, besteht doch bekanntlich die Notwendigkeit, daß jede Abweichung vom Schema, und wenn sie auch noch so alltäglich ist, vom Wohn-sitzfinanzarrit individuell sanktioniert werden muß.

So erleben wir doch alljährlich die Misere eines Massenansturms auf die Finanzämter speziell in den ersten Monaten des Jahres, da sämtliche Freibeträge - auch wenn sie im Endeffekt noch so minimal sind - alljährlich oder jedes zweite Jahr neuerlich bewilligt werden müssen. Dazu kommt noch der Jahresausgleich.

Die Gemeinden wiederum haben alle drei Jahre die Bescherung mit dem Ausstellen von Lohnsteuerkarten. Alles in allem ist das bestehende Lohnsteuersystem derart kompliziert und macht derart viele zusätzliche Arbeiten erforderlich, daß man sich fragt, ob die öffentliche Verwaltung beim gegenwärtigen System sich wirklich Arbeit erspart.

Nicht vergessen darf dabei werden, daß ja Staat und Gebietskörperschaften selbst wieder Arbeitgeber sind und als solche die gleiche umständliche Gehaltsverrechnung durchführen müssen, welche sie den Firmen zumuten. Eine Vereinheitlichung von Lohn- und Einkommensteuer würde daher per saldo sogar zu einer Verwaltungsvereinfachung führen.

Dabei ließe sich diese Reform doch so einfach bewerkstelligen -und dies auch, ohne daß der durchschnittliche Arbeitnehmer sich zum Steuerexperten ausbilden oder die Hilfe eines Steuerberaters in Anspruch nehmen müßte. Bereits jetzt sind die Firmen verpflichtet, jedem Arbeitnehmer auf Verlangen eine Lohn- bzw. Gehaltsbestätigung auszustellen. Wie wäre es, wenn eine solche allen Beschäftigten automatisch zu Jahresende ausgehändigt würde?

Der Arbeitnehmer hätte dann nichts zu machen, als ein Formular mit seinen persönlichen Daten auszufüllen, ..diesem die Lohrrbestäti-gung, die zugleich auch Antrag auf die diversen Freibeträge sein könnte, beizulegen und das Ganze dem Finanzamt einzusenden. Wir brauchten keine Lohnsteuerkarten, keine alljährlichen Ansuchen um Steuerfreibeträge, keinen Jahresausgleich, keine von der Betriebsprüfung gesonderte Lohnsteuerprüfung usw. mehr.

Das Finanzamt würde auf Grund der Lohnbestätigungen die Steuer festsetzen und hätte es gleichfalls leichter als beim gegenwärtigen System.

Natürlich ist dies hier nur ein Rohkonzept, welches ergänzungs-und verfeinerungsbedürftig ist. Es will bloß die Richtung anzeigen, in welche sich, eine für alle akzeptable Steuerreform bewegen müßte.

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