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Steuer statt Beitragßir die Kirche?
Die Kirchenhistoriker Josef Gelmi, Gerhard Hartmann (Autor dieses Beitrages) und Maximilian Liebmann brachten jüngst brisante Fakten zur Sprache
Die Kirchenhistoriker Josef Gelmi, Gerhard Hartmann (Autor dieses Beitrages) und Maximilian Liebmann brachten jüngst brisante Fakten zur Sprache
Alle zwei Jahre trifft sich die Arbeitsgemeinschaft der Professoren der Kirchengeschichte an den Katholisch-Theologischen Fakultäten und Hochschulen Österreichs. Ende Oktober tagte man unter Vorsitz des Linzer Kirchenhistorikers Rudolf Zinnhobler in Brixen und befaßte sich mit einem im deutschsprachigen Raum brisanten Thema: Kirchensteuer. Historische Wurzeln, Vergleiche mit Deutschland und Italien sowie aktuelle Probleme wurden ausgelotet.
Bisher unbekannte Fakten wurden enthüllt: Bereits 1920 versuchten die Christlichsozialen mit ihrem Verfassungs-Staatssekretär und späteren Bundeskanzler Michael Mayr, im „Linzer Entwurf" für eine Bundesverfassung im Prinzip dieselben Bestimmungen über die Kirchensteuer vorzuschlagen, wie sie in der ein Jahr zuvor beschlossenen Weimarer Reichsverfassung standen. Wäre das gelungen, dann gäbe es sie in Österreich wie in Deutschland. Aber was die Sozialdemokratie der Kirche in Deutschland konzedierte, verweigerte sie in Österreich.
In den Jahren 1956/57 gab es einen weiteren Versuch in dieser Richtung. Beamten des Finanzministeriums und Vertreter der Bischofskonferenz erörterten die Einführung einer Kultussteuer, die von allen entrichtet werden sollte. Die Beiträge der Konfessionslosen sollten allgemeinen kulturellen Zwecken zugeführt werden. Interne kirchliche Widerstände sowie die des damaligen Finanzministers Reinhard Karnitz ließen das Projekt scheitern. Letzterer sträubte sich deswegen, weil für 1. Jänner 1958 eine Steuersenkung geplant war, deren Wirkung durch die Einführung einer Kultussteuer stark vermindert worden wäre.
Auf der Tagung wurde auch festgestellt, daß eine Übernahme des deutschen Kirchensteuersystems nur dann möglich wäre, wenn wie in der Bundesrepublik eine entsprechende Verfassungsbestimmung beschlossen
wird. Aber dafür gibt es mittelfristig wohl keine politische Mehrheit.
Mit Interesse wurde das ab 1989 gültige italienische Kirchensteuermodell zur Kenntnis genommen. Erstens kann jeder Italiener im Jahr Spenden an den von der Bischofs-konferenz eingerichteten Fonds für die Klerusbesoldung bis zur Höhe von zwei Millionen Lire (rund 16.000 Schilling) steuerlich geltend machen. Zweitens stellt der Staat 0,8 Prozent der Einkommenssteuer kirchlich-kulturellen Zwecken zur Verfügung. Der Steuerzahler kann bei seiner Steuererklärung festlegen, welche Religionsgemeinschaft oder welcher kulturelle oder soziale Zweck die Mittel bekommen soll.
Erstaunlich ist das Ergebnis der kurzen Praxis: 1992 wurden erstens 45,4 Milliarden Lire gespendet (rund 350 Millionen Schilling), und zweitens haben von den 60 Prozent, die ihr Widmungsrecht dieser 0,8 Prozent ausübten, 82 Prozent die katholische Kirche angekreuzt. Italiens Kirche ist zufrieden, weil das neue System eine deutliche Verbesserung gegenüber früher darstellt.
Der Linzer Finanzkammerdirektor Josef Wöckinger sprach über aktuelle Probleme und Zukunftsperspektiven des österreichischen Beitragssystems. Er verhehlte nicht seine Sorge hinsichtlich des Weiterbestands in der bisherigen Form. Aus seiner Sicht sollte man die „Seelsorge" und die „Geldsorge" verbinden, das heißt das Anliegen einer sicheren Finanzierung kirchlicher Aufgaben nicht nur auf den Schultern der dafür zuständigen Mitarbeiter ruhen lassen. Weiters schlug er vor, ob nicht die „abgestufte Kirchlichkeit" der Beitragszahler bei der Bemessung berücksichtigt werden sollte.
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