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Was ist bewiesen?

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Triumph der Gesamtschule! jubeln die sozialistischen Bildungspolitiker auf Grund der ersten Ergebnisse der Schulversuche dieses Schultyps, die nun - an 4000 Schülern der fünften und sechsten Schulstufe erprobt - vorliegen. Sie habe bewiesen, daß sie besser sei, als die bisher gewohnten Schultypen.

Was aber wurde tatsächlich bewiesen? Daß Schüler, die normalerweise in die Hauptschule gehen, durch die Differenzierungsmög-lichkeiten der Gesatmschule in drei Leistungsgruppen in den Hauptgegenständen Gymnasialniveau erreichen können und damit die Durchfallerquote zurückgeht. Sehr schön - aber das beweist doch zunächst nur, daß eben zwischen Hauptschul- und Mittelschulniveau noch ein beträchtlicher Unterschied besteht (sonst gäbe es ja keinen Aufstieg von jenem auf dieses), entgegen den seit 1962 verfolgten Tendenzen, beide Schulformen im Niveau einander anzugleichen. Das beweist weiter, daß es noch bessere Möglichkeiten gibt, als sie die an und für sich ja recht gelobte Hauptschule bieten kann (und sie sollten auch ausgenützt werden). Das sagt aber gar nichts über den wesentlichen PuHkt des Gesamtschulkonzepts aus, die „soziale Koedukation“ und die damit verbundene Zerschlagung des durchgehenden Gymnasiums. Denn diese wurde bisher überhaupt noch nicht durchexerziert, da bisher noch nirgends bestehende Gymnasialunterstufen mit Hauptschulen zu Gesamtschulen vereinigt oder die Kinder eines bestimmten Einzugsgebietes ohne Ausweichmöglichkeiten in einer Gesamtschule zusammengefaßt worden sind.

Daß in einem Schulversuch, der von vornherein mit allen technischen und personellen Hilfsmitteln ausgestattet wird, und in dem sich besonders engagierte Lehrkräfte betätigen, der Erfolg besser ist, als im normalen Schulbetrieb, ist eine Binsenweisheit. Daß jedem Kind die bestmögliche Schulbildung geboten werden soll, ist heute ebenso selbstverständlich. Daß aber mit „Nona-Ergebnissen“ nicht die Streitfragen aus der Welt geschafft werden, daß keineswegs alle Fragen rund um die Gesamtschule abgeklärt sind, daran muß immer wieder erinnert werden, wenn erfolgslüsterne Bildungspolitiker mit Triumphschalmeien die Einwände zu übertönen suchen. Denn - auch daran sei erinnert - zur Änderung der Schulgesetze ist Zweidrittelmehrheit nötig!

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