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Wenig Glanz und Glorie

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IFES, linkes Gewicht auf der Proporzwaage der Meinungsbefrager, hat ergründet, wie der Österreicher sein Bundesheer sieht. Zwiespältig — wie könnte es bei unserer Mentalität anders sein. 18 Jahre nach Wiedererlangung der staatlichen Souveränität bejaht zwar die Mehrheit den Gedanken an eine „österreichische Nation“ als verteidigungswürdiges Gut. Überlegungen, dieses Gut könnte neuerlich in Gefahr geraten, aber verdrängt man. Wie diese Zahlen aussehen würden, wären sie im Zeichen der Erdölkrise erhoben worden, bleibt offen. Der Österreicher braucht zur Meinungsbildung meist den Zwang.

Als ein Verteidigungsinstrument sehen die Österreicher ihr Heer jedenfalls nicht. Verteidigungskraft büligen sie ihm bestenfalls bei begrenzten Konflikten und Streitfällen an den staatlichen Nahtstellen zu. Zwar kann man sich nicht für das Exerzieren erwärmen — Glanz und Glorie soll der Soldat im Dienste der staatlichen Repräsentation aber dennoch verbreiten.

Wohl meint immerhin ein Drittel der im Heer bereits Gedienten, daß von den Budgetmitteln ein großer Teil vertan wird. Doch das schlechte Gefühl, rdieses Heer auf einem Hungeretat zu halten, beschleicht einen ebenso großen Teil. Als Schwachstelle ersten Ranges wird allgemein der Mangel an Material und Ausrüstung gesehen. Leider registriert dies besonders stark jener Teil der Befragten, der gegenwärtig unter Waffen steht.

Erfreulich für die Reformer mag die Aussage sein, daß gegenwärtig weniger Soldaten der Meinung sind, die Ausbildung und die sie vermittelnden Instruktoren seien schlecht. Vielleicht hat die Verkürzung des Grundwehrdienstes doch die Notwendigkeit geschaffen, die Ausbildung von manchem Ballast zu befreien.

Auch das Bild des Präsenzdienstes als „Erlebnis“ für spätere Stammtischdiskussionen ist zwiespältig: einerseits enthält der Dienst Elemente von starkem Nachhall, sofern sie sich auf eine körperliche Leistung beziehen, anderseits fördert der lasche Innendienst den Widerwillen. Der Ostösterreicher, voran der Großstädter aus der Metropole, zieht mehr negative Momente aus dem Wehrdienst als der österreichische Landesdurchschnitt. Hieraus läßt sich ein soziales Phänomen ablesen: Wer schon mit Widerwillen und Mißtrauen zum Bundesheer einrückt, wird dort kaum vom Gegenteil zu überzeugen sein, sondern sich eher in seinen Befürchtungen bestätigt finden.

Damit deklariert sich das Bundesheer selbst als bester Werbeträger. Eindrücken, die durch die Dienstleistung entstanden sind und mittels Mundpropaganda weitergetragen werden, ist auch durch beste Publicity nicht zu begegnen.

Wie sehr doch das Heer ein Spiegelbild dieser Gesellschaft ist — was es dank seiner demokratischen Grundlage einer allgemeinen Wehrpflicht auch sein sollte —, zeigt der Abschnitt der Meinungsbefragung über die Attraktivität des Soldaten-berufes. Die Aussagen könnten den Verantwortlichen wertvolle Hilfe bedeuten: Schon mit jedem Millimeter Haarlänge wäre offenbar die Wehrbereitschaft leichter anzuheben. Jede Minute weniger Wache an Kasernenzäunen, die nicht bewachbar sind, würde ähnliche Resultate bringen. Sollte man sogar manche Nacht nicht mehr in der stinkigen Kasernenstube, sondern im Zelt verbringen, dann wäre ein Erfolg geradezu nicht aufzuhalten. Ist die Weckung von Wehrbereitsehaft wirklich eine so schwierige Aufgabe?

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