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Wurden in Bukarest für Sadat die Weichen nach Jerusalem gestellt?

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„Wer hat alles daran mitgewirkt, daß es zu dem politischen Tauwetter zwischen Ägypten und Israel gekommen ist”, fragten sich nicht wenige politische Beobachter der Nahostszenerie. Eine Schlüsselrolle dürfte jedenfalls auch der rumänische Staats- und Parteichef Nicolae Ceausescu gespielt haben. Denn noch bevor der ägyptische Staatspräsident Anwar Sadat zu seiner sensationellen Reis&nach Jerusalem antrat, hatte er sich zusammen mit Außenminister Ismail Fahmi in der rumänischen Hauptstadt Bukarest zur fünften Entrevue der beiden Staatschefs eingefünden. Wurden in Bukarest die Weichen nach Jerusalem gestellt? Kenner der Situation behaupteten schon vor dem Besuch, daß nicht bilaterale Fragen im Vordergrund der Besprechungen stehen würden.

Seit dem Sechstagekrieg 1967 ist Rumänien der einzige Ostblockstaat,’ der geregelte diplomatische Beziehungen zu Israel aufrechterhält. Dieser Umstand lieferte für beide Gesprächspartner die Plattform, auf der gewisse Initiativen, Erkundungen und Versuche zur Konsolidierung im Nahen Osten eingeleitet werden konnten. Dabei darf nicht außer acht gelassen werden, daß Ceausescu von den Russen abhängiger ist, als es manche Optimisten im Westen wahrhaben wollen: Wäre Bukarest nicht der ideale Horchposten für den Kreml in Richtung Israel und arabische Länder, könnte der Rumäne seine außenpolitische Hochseilakrobatik nicht einen Tag länger vorführen. Bukarest spielt zwischen der Sowjetunion und den Arabern eine ähnliche Rolle wie zwischen Israel und den arabischen Ländern. Es ist anzunehmen, daß die israelische Delegation, die unter der Führung des Ministerpräsidenten Mena- hem Begin ein paar Wochen vor Sadat in Bukarest weilte, diese politische Konstellation in ihren Gesprächen einplante.

Sadat und Ceausescu haben ihre Ansichten über die israelische Visite ausgetauscht, im Mittelpunkt der Konferenz standen jedoch Fragen, die mit der geplanten Genfer Konferenz zu tun haben. So hatte schon vor dem Sa- dat-Besuch der rumänische Delegierte im UNO-Polit- und Sicherheits-Komitee ganz eindeutig dem ägyptischen Vertreter assistiert und unmißverständlich „die illegalen israelischen Siedlungen auf den okkupierten Territorien” verurteilt. Und noch mehr: Der rumänische Repräsentant in der Arbeitsgruppe für Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittelmeerraum an der Belgrader Konferenz unterstützte das Ansuchen der PLO, die eingeladen werden wollte, damit sie ihren Standpunkt über die Herstellung des Friedens und die Entwicklung der Kooperation im Mittelmeerraum darlegen könne. Dieser Vorschlag - die PLO an der Konferenz mitwirken zu lassen - wurde nicht angenommen.

In Bukarest erfolgte darauf in der ägyptischen Haltung ein Wandel: Sadat willigte nun ein, den Wunsch Rumäniens zur Teilnahme an der geplanten Genfer Konferenz zu unterstützen. Noch im Mai dieses Jahres hatte sich

Sadat gegen ein solches rumänisches Ansuchen gestellt. ,

Es war nicht minder wichtig, daß Ceausescu diesmal auch als Vermittler zwischen Moskau und Kairo auftrat, um die Spannungen zwischen der Sowjetunion und Ägypten zu mildem.

Sadat und Ceausescu kamen auch bei bilateralen Fragen immer wieder auf brennende internationale Probleme zu sprechen. Kernpunkt war der Friede am Mittelmeerbecken, beide sprachen sie dabei von einem „gerechten und dauerhaften Frieden”. Einigung herrschte darüber, daß „Israel sich von den okkupierten Territorien zurückziehen und die Restaurierung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes inklusive die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates”, gesichert werden müsse. Dazu sei- es notwendig, jedem mittelöstlichen Staat das Recht auf eine freie, unabhängige und souveräne Existenz zu garantieren!

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