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Zur Kritik am Katholikentag 1983

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FURCHE: Es wird immer wieder Kritik am Katholikentag, an der Art seiner Gestaltung laut. Was kann Ihrer Meinung nach für den einzelnen Gläubigen überhaupt „herauskommen"?

P. ALOIS KRAXNER: Hinter der Kritik stehen sehr oft Ängste und Erwartungen. Diese werden auch verschiedentlich artikuliert. Manche meinen, daß der Katholikentag den Anforderungen der heutigen Situation nicht gerecht werde, daß „Gartenpflege" betrieben werde, wo viel grundsätzlichere Auseinandersetzungen notwendig wären.

Es gibt die Erwartung, daß die Katholiken in Österreich ihre Position neu bestimmen, daß entscheidende Weichen gestellt werden für den weiteren Weg der Kirche in den 80er Jahren und auch für das gesellschaftliche Leben in Österreich. Man erwartet ein prophetisches Wort und ist^ enttäuscht, daß man bis jetzt noch wenig davon sehen kann.

Andere befürchten, daß der Papstbesuch den ganzen Katholikentag überlagert, und die eigenen Erneuerungskräfte der Katholiken in Österreich überhaupt nicht zum Tragen kommen.

FURCHE: Sind diese Erwartungen und Ängste nicht teilweise berechtigt?

KRAXNER: Es ist berechtigt, an den Katholikentag hohe Erwartungen zu stellen. Wir müssen auch allen Kritikern, die zu einer intensiveren geistigen Auseinandersetzung Anlaß geben, dankbar sein. Andererseits gibt es aber auch Erwartungen, die unerfüllbar sind. Man kann vom Katholikentag nicht die Lösung von sehr umfassenden und vielschichtigen Problemen erwarten, die trotz unzähliger Anstrengung bis jetzt nicht überzeugend gelöst werden konnten. Auch Propheten kommen nicht auf Bestellung. Wir müssen auch die gegenwärtige Situation der Kirch? zur Kenntnis nehmen, wie sie Karl Rahner sehr treffend in der Katholikentagsillustrierten beschreibt.

Aber manche Kritik geschieht auch in Unkenntnis dessen, was tatsächlich vor sich geht. Es sind in Vorbereitung auf den Katholikentag in vielen Pfarren, Gruppen und Dekanaten bereits sehr viele gute Dinge geschehen, die ohne Katholikentag nicht geschehen wären, aber oft bleibt gerade das Wichtige und Wertvolle verborgen.

Der Papstbesuch wird sicher das überragende Ereignis sein. Um aber auch die eigene geistige Arbeit herauszufordern, finden vorher schon die Arbeitstagungen und der Delegiertentag statt.

FURCHE: In unserer von starken Gegensätzen geprägten Zeit wird am Katholikentag auch kritisiert, daß die ‘bisherigen Vorgänge so spannungslos seien.

KRAXNER: Es ist richtig, daß die bisherigen Vorarbeiten nicht darauf ausgerichtet waren, Spannungen und Gegensätze zu provozieren. Itn Gegenteil, es wurde immer wieder betont, daß es in verschiedenen Fragen auch berechtigterweise eine Vielfalt von Meinungen geben kann und der Katholikentag die Einheit in der Vielfalt darstellen .soll. Aber es zeigt sich, daß dieses Prinzip auch die Gefahr in sich birgt, notwendigen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen.

Die Arbeitstagungen, wo gegensätzliche Meinungen hervortreten, können nur eine Initialzündung sein. Die geistige Auseinandersetzung soll weitergeführt werden. Es wird auch notwendig sein, manche aufgebrochene Fragen auch nach dem Katholikentag weiterzuverfolgen.

FURCHE: Zurück zur Ausgangsfrage: Was kann für den einzelnen Katholiken beim Katholikentag herauskommen?

KRAXNER: Die Erwartung, daß für jeden Katholiken etwas ..herauskommt", ist wohl zu hoch gegriffen. Es soll für möglichst "viele etwas ..herauskommen" — zunächst einmal für-jene, die in irgendeiner Weise teilnehmen, sei es unmittelbar oder auch über die Massenmedien. Es soll „herauskommen", daß viele Menschen aus dem Glauben Zuversicht und Hoffnung schöpfen und diese Zuversicht auch weitergeben kön-Herauskommen" soll, daß das Evangelium im Leben der einzelnen Christen und auch christlichen Gruppen erneut wirksam wird.

FURCHE: Könnte der Katholikentag nicht auch heute unvorhersehbare Ergebnisse hervorbringen?

KRAXNER: Auf solche Wirkungen hoffe ich sehr. Es gab beim Katholikentag 1933 manche Inhalte und Ziele, die wir heute lieber verschweigen. Und wahrscheinlich war es weder Veranstaltern noch Teilnehmern bewußt, daß eines der wichtigsten Ereignisse dieses Katholikentages der Festgottesdienst in Schönbrunn war, der der liturgischen

Bewegung in Osterreich zum Durchbruch verhalf.

FURCHE:Ein wesentlicher Ak-icent des Katholikentages wäre doch auch das Miteinanderfeiern, wobei besonders die Möglichkeit zur Begegnung mit Katholiken aus ganz Osterreich — Wiener Familien sind zum Teil ja über Vermittlung der Pfarren die Gastgeber — genützt werden sollte.

KRAXNER: Katholikentage hatten fallweise auch den Charakter von politischen Kundgebungen. Beim kommenden Katholikentag liegt ohne Zweifel der Akzent viel stärker auf dem Mitein-anderfeiern. Feiern kann man im kleinen Kreis. Und hier haben die Begegnungen zwischen den Gästen aus den Bundesländern und den Gastgebern in Wien eine wichtige Bedeutung, desgleichen die vielen Veranstaltungen am Samstag vormittag. Trotzdem werden gerade durch den Papstbesuch und durch die Kürze des Katholikentages die Großveranstaltungen sehr viel Raum einnehmen.

Aber auch Großveranstaltungen sind nicht notwendige Massenveranstaltungen, sie können auch zu einer großen Begegnung und zu einem Miteinanderfeiern werden. Ich hoffe, daß möglichst vielfe dieses Anliegen sehen und mitwirken, daß nicht Masse entsteht, sondern Begegnung, nicht nur mit dem Papst, sondern auch miteinander.

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