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Angelo Mangiarotti

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Olivetti zeigt das Werk dieses italienischen Architekten in der Wiener Kärntner Straße. Wohnhäuser in Mailand und auf dem Land, deren sensible Intelligenz sich im Grundriß und in der Freiheit zeigt, mit der beliebige ortsübliche Materialien verarbeitet werden.

Mangiarotti legt aber in dieser Ausstellung Wert auf einen besonderen Gesichtspunkt: „Die Konstruktion — Prinzip der Erscheinungsform“. Er vertritt Gedanken, die in Österreich vor allem unter dem Einfluß Konrad Wachsmanns in der jüngeren Generation viel diskutiert wurden: daß der Architekt von der Konstruktion auszugehen habe und daß ein Bauwerk dem Konsumenten erlauben müsse, es seinen wechselnden Bedürfnissen anzupassen. Immer wieder wurde diese technische Variabilität — praktisch meist: die versetzbaren Wände — mit dem Begrifl „Freiheit“ in Verbindung gebracht.

Gerade die Größe und Klarheit der Wachsmannschen Begriffswelt haben dazu beigetragen, solch vordergründige Gleichsetzung zu durchschauen. Tatsächlich verläßt der Konsument, der ein Bauwerk im Sinn der eingeplanten Variabilität verändert, die Entscheidungsgewalt des Architekten nicht. Gibt er ihm aber einen anderen Sinn, setzt er der Entscheidung des Architekten seine eigene entgegen, so betrachtet er den vorhandenen Bau als Material — ganz wie er auch einen „unveränderlichen“ Bau verändern oder vernichten kann. Der Spätere ist jedem Planungsakt gegenüber frei,

Bei Mangiarotti ist jene Zurückhaltung, die einen Teil der Entscheidungen dem Konsumenten überlassen will, nicht nur theoretisch, sondern durch den Augenschein widerlegt. Seine vorgefertigten Konstruktionsteile sind von einer Eleganz, die nicht neutral bleiben kann. Diese Eleganz des „Design“ bezeichnet aber auch jene Stufe der Reflexion, an der das konstruktive Problem gelöst ist, das technische Wagnis der Vergangenheit angehört. Und im Land Josef Hoffmanns muß man sich fragen, warum jemand, der anmutig sein will, nicht auf scheinbare Begründungen verzichtet und die Konstruktion aus dem Spiel läßt.

Damit sind die Schwierigkeiten angedeutet, die sich hier einem direkten Einfluß dieser Architektur entgegenstellen. Gerade wer von der Technik Impulse erwartet, wird eine „Werkbund“-Gesinnung, die den technischen Gegenstand veredeln will, eine Formschönheit, die der Konstruktion Ernst und Herbheit nimmt, skeptisch aufnehmen. Wen aber eben die Form besticht: wird er nicht auf minderer Stufe nachahmen und technische Begründungen für Ornamente suchen? So bleibt nur Anerkennung für eine hohe Qualität, die hier kein ähnlich gelagertes Talent antrifft.

Das Olivetti-Lokal bleibt weiterhin Ausstellungen vorbehalten. Im April wird Günther Feuerstein, der auch diese Ausstellung organisierte, österreichische Entwürfe und Bauten einander gegenüberstellen („Abgelehnt — ausgeführt“).

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