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Die Römisch-Katholische und die neue „offene Kirche”

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Der anläßlich der Ernennung eines römisch katholischen Weihbischofs für Salzburg entfachte „Kirchenkampf' läßt grundsätzliche Strukturen hervortreten. Es zeigt sich, daß eine von Rom bereits weitgehend gelöste Kirche sich in den Institutionen der bisher Römisch Katholischen Kirche festgesetzt hat. Bereits 1968 sind von der Pariser Zeitschrift L'Humanisme die Umrisse dieser neuen Kirche mit einem neuen Glauben aufgezeigt worden. Nach Aufzählung der Glaubenswahrheiten, die eliminiert werden, heißt es: „Es ist nicht das Schafott, das den Papst erwartet, es ist das Emporkommen der örtlichen Kirchen, die sich demokratisch organisieren, die Schranken zwischen Klerikern und Laien ablehnen, die sich ihr eigenes Dogma schaffen und die in einer völligen Unabhängigkeit in bezug auf Rom leben.”

Zensurieren der Amtsträger

In dieser Kirche gibt es keine „weisunggebende” Hierarchie mehr, weil „von nun an die Bewegung von der Basis aus nach oben erfolgt wie in jeder Demokratie”. An die Stelle der von Christus eingesetzten Hierarchie des Petrus und der Apostel mit ihren Nachfolgern ist eine Para-„Hierarchie” einer „Bäterepublik” getreten. Sie verdankt ihren Erfolg einem langen „Marsch durch die Institutionen”. Längst ist sie so weit, sich berechtigt zu fühlen, die legitimen Amtsträger der Katholischen Kirche von oben herab zu zensurieren und die pflichtgemäße Wahrnehmung ihres Amtes als Machtmißbrauch zu diffamieren oder als „Irrweg der Konfrontation”.

Die Auswirkungen dieser Theorien sind tausendfältig publiziert, besonders klar in einer Artikelserie von Horner/Hutter in den Salzburger Nachrichten vom 11. bis 18. Februar 1989 (dazu Kommentar in Wiener Kirchenzeitung vom 25. Juni/ 2. Juli 1989). Daß die von den Vertretern der neuen Kirche angenommenen Ideen die Katholische Kirche gespalten haben, ist ihnen offensichtlich nicht bewußt. Daher behaupten sie, daß umgekehrt das Bemühen um Einheit mit dem Papst die Kirche

„spaltet”. Nach der Ernennung des neuen Weihbischofs für Salzburg ist das besonders klar geworden.

Alledem gegenüber muß doch einmal klar gesagt werden, daß auch in Salzburg immer noch eine Rö-misch Katholische Kirche existiert. Sie wird vom Erzbischof „in Gemeinschaft mit dem römischen Bischof” geleitet. Diese Kirche „ordnet und verwaltet” auch nach unserer Verfassung bisher immer noch „ihre inneren Angelegenheiten selbständig”. Die Gläubigen dieser Kirche haben das Becht, sich zum Bömisch Katholischen Glauben zu bekennen und ebenso zu erfahren, was dieser

Glaube ist. Daher hat auch das Konzil den Hirten der Kirche die Pflicht feierlich vor Augen geführt: „Sie verkündigen dlm ihnen anvertrauten Volk die Botschaft zum Glauben und zur Anwendung auf das sittliche Leben ... und halten die ihrer Herde drohenden Irrtümer wachsam ab”. Sie sind „als Zeugen der göttlichen und katholischen Wahrheit zu verehren”, wenn sie „in Gemeinschaft mit dem römischen Bischof lehren” (Lumen Gentium 25), aber auch nur dann!

Auch der Bömisch Katholische Glaube genießt nach wie vor das Recht der Religionsfreiheit und den Schutz der Menschenrechte. Der Katholischen Kirche die Ausübung dieser Freiheit und die zur Wahrung des Glaubens erforderlichen Maßnahmen verbieten zu wollen, ist im

Klartext Unterdrückung der Religionsfreiheit der Römisch Katholischen Kirche. Hier zeigt sich der totalitäre Charakter der „offenen Kirche” am deutlichsten. Und wenn die verantwortlichen Amtsträger der Katholischen Kirche dieser „Umwandlung” nicht tatenlos zusehen können und pflichtgemäß handeln müssen, dann fühlen sich die Aktivisten der neuen Kirche sehr „betroffen” und gekränkt, daß man ihnen nicht „vertraut”.

Recht, katholisch zu bleiben

Viele sind, wohl ohne wirklich zu wissen, was geschehen ist, und vielfach im guten Glauben, wie in allen großen Krisen der Kirche, der neuen Religion gefolgt. Sie ist ja von fast allen Institutionen der Kirche und vor allem im Religionsunterricht seit Jahrzehnten ungehindert und unablässig verbreitet worden. Auch wenn es die überwiegende Mehrheit der formell noch der katholischen Kirche angehörenden Priester und Laien wäre, die den katholischen Glauben in Wahrheit nicht mehr annehmen wollen oder können, verliert die Römisch Katholische Kirche damit nicht ihr Recht, ihre Identität zu wahren. Wer ist etwa Herr Bruckmoser von den Salzburger Nachrichten, daß er es in einer beispiellosen Hetzkampagne ihr absprechen will?

Die neuen „Hierarchien” mögen ehrlich nach ihren Vorstellungen ihre eigene Kirche machen. Wer immer meint, den katholischen Glauben nicht mehr annehmen zu können, mag sich ehrlich dieser neuen Kirche anschließen. Er hat dazu zweifellos das Becht und die Freiheit. Die Religionsfreiheit gibt aber auch der Katholischen Kirche und den Katholiken, die den katholischen Glauben nach wie vor annehmen, zweifellos das Recht, katholisch zu bleiben. Das Lehramt hat „das Recht der Gläubigen, die katholische Lehre rein und unverkürzt zu empfangen”, immer bekräftigt. Nur auf dieser Grundlage kann die wahre Erneuerung der Kirche, die das Konzil angestrebt hat, erreicht werden.

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