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Verdrehte Auffassungen

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„Eure Exzellenz, Sie haben in diesen Gesprächen wiederholt zu verstehen gegeben, daß Ihre Regierung keinerlei Verpflichtung habe, einen einzigen, positiven Schritt zum Frieden in Vietnam zu tun. Sie scheinen der Überzeugung zu sein, daß es genüge, einfach hier zusammenzukommen und mit uns zu sprechen; daß nach Paris zu kommen irgendwie eine wichtige substantielle Konzession Ihrerseits darstelle.

Wegen dieser negativen Einstellung ist es uns bisher nicht gelungen, einen echten Fortschritt in Richtung auf den Frieden zu erzielen. Aber wenn unsere Gespräche auch bisher nicht zu substantiellen Übereinkommen geführt haben, so haben sie doch dazu beigetragen, die Ursprünge des Konflikts in Vietnam klar herauszustellen. Und Sie haben so klar wie niemals zuvor die verdrehten Auffassungen Ihrer Regierung von Völkerrecht und internationalem Verhalten enthüllt.

Sie haben hier selbst zugegeben, daß die Behörden in Hanoi an eine Politik der Gewalt glauben. Sie haben sich hinter die Auffassung Truong Chinhs gestellt, daß die Nordvietnamesen zu den Völkern gehörten, denen das Recht — ja sogar diie Pflicht — zukomme, Gewalt zur Erreichung ihrer Ziele zu benutzen.

Exzellenz, wenn sich alle Völker ein solches Verhalten zu eigen machen wollten, dann würden Sie und ich in einer Welt des Chaos leben.

Das Völkerrecht verurteilt eindeutig die Anwendung von Waffengewalt zur Erreichung außenpolitischer Ziele. Das Völkerrecht erkennt ebenso klar das Recht von Nationen an, Waffengewalt zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung anzuwenden.

Hier liegt der Kern des Vietnamproblems: nämlich die unrechtmäßige Anwendung von Gewalt seitens Ihrer Regierung, um Südvietnam dazu zu zwingen, Ihre Herrschaft anzunehmen, und die rechtmäßige Anwendung von Waffengewalt durch die südvietnamesische Regierung und ihre Verbündeten, um Ihrer Aggression zu widerstehen.

Wir müssen uns den Realitäten stellen, wenn diese Gespräche Sinn haben sollen. Zu diesen Realitäten gehört auch die Existenz zweier verschiedener Regierungen in Nord- und Südvietnam. Die Regierung von Südvietnam ist der rechtmäßige Nachfolger der französischen Kolonialverwaltung. Sie entstand auf Grund von Volkswahlen. Sie wird von über 60 anderen Staaten anerkannt. Sie ist ein verantwortungsbewußtes Mitglied zahlreicher internationaler Organisationen, darunter vieler Sonderbehörden der Vereinten Nationen.

Ihre Regierung ist gleichfalls eine Realität. Wir haben klargestellt, daß wir weder gegen Ihre Regierung noch gegen Ihr Territorium irgendwelche Absichten hegen. Unser einziges Anliegen ist es, daß Sie Ihre Aggression gegen Südvietnam einstellen sollen.

Wir haben klar zum Ausdruck gebracht, daß wir gegen eine Vereinigung Vietnams keinen Einwand haben — so lange dies der frei zum Ausdruck gebrachte Wille der Bevölkerung des Nordens und des Südens ist und die Vereinigung durch friedliche Mittel erfolgt.

Nord Vietnam trägt die volle Verantwortung für den Krieg. Es muß daher auch seine Verantwortung für die Wiederherstellung des Friedens übernehmen.

Ich möchte zusammenfassen:

Die Republik Vietnam ist einte souveräne internationale Einheit.

Die Regierung in Hanoi hat unter Verletzung der Genfer Abkommen und des Völkerrechts einen bewaffneten Angriff gegen die Republik Vietnam unternommen.

Die Republik Vietnam hat jedes Recht, andere zu ihrer Verteidigung zu Hilfe zu rufen.

Die Vereinigten Staaten und andere Staaten haben jedes Recht, diesem Ersuchen nachzukommen und solche Hilfe zu leisten.

Die Vereinigten Staaten haben keinen Krieg mit Nordvietnam gewollt. Trotz Ihrer aggressiven Handlungen und der ständigen Ausweitung Ihrer militärischen Anstrengungen haben wir Zurückhaltung geübt — in der Hoffnung, Sie würden Ihr Programm der Gewalt aufgeben. Bisher haben sich unsere Erwartungen nicht erfüiltt.“

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