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Die Vorlagen für die Mai-Session

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Wenn wir nun zu den Vorlagen für die zweite Hälfte der 1. Session der Wiener Diözesansynode kommen, so müssen wir anerkennen, daß hinter der Vorlage „Liturgie 1. Teil“ (grünes Heft) sehr fleißige und ernste Arbeit steckt. Das gleiche kann auch von der bereits behandelten Vorlage „Grundzüge des Pastoralkonzepts für die Erzdiözese Wien“ (rotes Heft) gelten, mit Ausnahme des noch nicht behandelten Punktes C dieses Heftes „Heilsdienst in der Pfarrgemeinde“. Wenn auch die Kommissionen mit dem Redaktionskomitee, das ihren „Papieren“ den letzten Schliff gegeben hat, nicht restlos einverstanden waren, so bilden diese Hefte doch eine brauchbare Vorlage für die Synodalberatungen beziehungsweise -beschlüsse. Wollte man dies nicht anerkennen, dann hieße das jedes Vertrauen auf das Gelingen der Synode aufgeben, und solcher Pessimismus wäre aber ebenso schädlich wie unberechtigt. Im folgenden seien, von diesem aufrichtigen Vertrauen getragen, einige Gedanken zu den Beratungsgegenständen der Mai-Session der Synode vorgelegt.

Falls der Abschnitt C „Heilsdienst in der Pfarrgemeinde“ zur Beratung kommen sollte, wäre doch zu bedenken, ob nicht ein gewisser Dirigismus zu einem Zuviel verleitet hat. Von den über 40 Resolutionen sind gewiß nicht alle so wesentlich, daß sie in die Gesetze einer Diözesansynode aufgenommen werden müßten. Manches ist längst schon verwirklicht und braucht nicht noch besonders hervorgehoben zu werden. Die Synode wird dadurch nur überflüssig belastet.

Falls diese Vorlage ungeändert zur Verhandlung kommen sollte, seien folgende Erwägungen gestattet:

Auch hier scheinen in 23 Resolutionen und sechs Voten zu viele Einzelheiten auf, die teils schon Allgemeingut geworden sind, teils nicht die Bedeutung eines eigentlichen Gesetzes erlangen können. Entscheidend ist für diesen wie auch für die folgenden Teile, daß jene Rahmengesetze gegeben werden, die die Einheitlichkeit der Liturgie wahren und einem willkürlichen Experimentieren, das nicht wenig zur Verwirrung der Gläubigen beiträgt, ein Ende bereiten.

Bezüglich der Taufe ist besonders das Minderheitsvotum auf S. 24 des grünen Heftes bedenklich, falls die Verweigerung der Taufe dem jeweiligen Pfarrer überlassen bliebe. Dies könnte zu nicht geringen Schwierigkeiten führen. Ist doch die Taufe das grundlegende Sakrament des christlichen Lebens und daher die Entscheidung, ob die Taufe gespendet oder nicht gespendet wird, von größter Bedeutung. Eine gewisse Inkonsequenz sehen wir in dem Verbot von Haustaufen, so anderseits im Abschnitt über die Eucharistie, sosehr der „Hausmesse“ das Wort geredet wird.

Bedenken müssen auch angebracht werden zu den Resolutionen, die für die Erneuerung des Bußsakramentes aufgestellt werden. Sosehr die Erneuerung der echten christlichen Bußgesinnung wichtig ist und Bußgottesdienste ein Weg zur Erreichung dieses Ziels sein können, erscheint die Resolution 4 c und 4 d etwas utopisch zu sein, es sei denn, es handelt sich um Schulbeichten oder Bußgottesdienste für Jugendliche. Denn wohl nur in diesem Falle läßt sich die Einzelabsolution im Beichtstuhl in die Bußandacht einfügen.

In den Resolutionen über die Einzelbeichte fällt auf, daß Ordenskirchen als Beichtgelegenheiten nicht einmal genannt werden. Dies ist wohl einfach ein Versehen. Die Frage der Generalabsolution in Bußandachten kann nicht Materie der Synode sein. Die ernstesten Bedenken müssen gegen die Resolutionen 16 bis 18 vorgebracht werden, die über die Erstbeichte der Kinder handeln. Die Trennung von Erstkommunion und Erstbeichte scheint pastoreil eine sehr schwerwiegende Änderung darzustellen, und es ist fraglich, ob die Diözesansynode die kompetente Instanz dafür ist.

Daß diese Probleme seelsorglich außerordentlich komplex sind und den Seelsorgern viel Kopfzerbrechen machen, wird niemand bezweifeln. Sowohl eine Erneuerung der Bußdisziplin als auch die Erstbeichte der Kinder brauchen sehr ernste Überlegungen. Es muß aber vor jeder zu raschen Änderung der geltenden Praxis gewarnt werden. Auch die Kindertaufe ist ein brennendes Problem, und es müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die eine christliche Erziehung der Getauften sichern. Wieweit die Verweigerung der Taufe oder wenigstens ihre Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt auch ein geeigneter Weg ist, muß mit großer Sorgfalt untersucht werden. Aber auch hier muß noch einmal vermerkt werden, daß es wichtig erscheint, dem Zustand des Experimentierens und des nur InFrage-Stellens der bestehenden Praxis ein Ende zu bereiten, weil diese eine Gefahr für den Glauben darstellen. Es soll damit nicht gesagt sein, daß die Liturgiereform nicht weitergeführt werden darf, wohl aber, daß diese Reform in geordnete Bahnen gelenkt und nur auf Grund allgemein kirchlicher Gesetze oder bischöflicher Erlässe weitergeführt werde.

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