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Noch immer zu viele Vorlagen

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Die zweite Session der Wiener Diözesansynode, die am Samstag, dem 24. Oktober 1970, ihren Abschluß fand, hat gezeigt, daß man in der Synodalarbeit schon viele Erfahrungen gesammelt hat. Es gelang, die Vorlagen, trotz ihrer großen Zahl, alle zur Abstimmung zu bringen. Kardinal König erklärte eingangs, daß die Synode in ihr entscheidendes Stadium getreten sei. Die Beschlüsse der ersten Session seien zum größten Teil bereits approbiert; nun aber komme es darauf an, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Beschlüsse seien leicht gefaßt, ihre Durchführung aber brauche viel Zeit und Mühe. Daher sei es wichtiger, weniger Beschlüsse zu fassen und mehr auf die Durchführung zu achten. Auch bei den neuzuschaffenden Beratungsgremien komme es darauf an, nicht immer neue Räte zu schaffen, weil sonst einmal die gegenteilige Wirkung erreicht werden könnte. Es sei wohl bisher zu viel in das Arbeitsprogramm aufgenommen, viel Zeit und Kraft und auch viel Geld ausgegeben worden, man müsse nun aber darauf sehen, Beschlüsse zu fassen, die notwendig seien und auch durchgeführt werden könnten. Das war eine sehr deutliche Mahnung, die aber wenigstens in dieser Session noch kein Echo fand. Wäre es nicht im Sinne des Oberhirten gewesen, wenigstens über jene Vorlagen, über die auch nicht annähernd eine einheitliche Meinung erzielt werden konnte, keine Beschlüsse zu fassen?

Erzbischof 3aehym wies in sehr passender Weise darauf hin, daß die zweite Session der Wiener Diözesansynode genau acht Jahre nach dem Beginn des Zweiten Vaticanums stattfinde. Dieses Konzil habe sehr viele positive Ergebnisse gebracht, aber in der Folgezeit seien in der Kirche auch andere Erscheinungen aufgetreten, die nicht dem Konzil zur Last gelegt werden könnten. Der erste Tag der Synode befaßte sich mit der Vorlage „Verkündigung“ sowie mit den Vorlagen über die „Eucharistie“ und die „Krankenölung“. Dieser Tag verlief außerordentlich ruhig, für manche zu ruhig. Die Vorlagen und Geschäfts. Ordnungen waren gestraffter als bisher, und die jeweiligen Vorsitzenden haben ihre Aufgabe gut beherrscht.

Stürmischer war der zweite Tag der Synode, auf dem die Vorlagen „Kirche in einer informierten Gesellschaft“ und die Vorlagen über die verschiedenen „Massenmedien“ behandelt wurden. Die allgemeinen Grundsätze, die im ersten Papier die Stellung der Kirche zu den .^Massen-medien“ darlegen, fanden in ihrem positiven Inhalt wohl größtenteils Zustimmung, doch meldeten sich Bedenken, daß diese Normen die Stellung der Kirche zu den „Massenmedien“ noch nicht genügend präzise formulierten oder nicht alles aussagten, was hier ausgesagt werden müßte. Deshalb fand die Vorlage bei der Gesamtabstimmung nur eine schwache Mehrheit von zwei Stimmen.

Am zweiten und dritten Tage wurden dann noch die Vorlagen „Ökumenismus, Kirche, Mission und Entwicklungshilfe“ behandelt, und es zeigte sich gerade bei der Diskussion über die „Entwicklungshilfe“, wie unklar und gegensätzlich die Vorstellungen darüber noch sind; doch konnte man diese Vorlage mit einigen Abänderungen auch verabschieden. Die Vorlage „Ökumenismus“ fand sehr rasch eine fast hundertprozentige Zustimmung der Synodalen, wohl auch deshalb, weil die Vorlage klar und gut durchdacht war. Es blieben dann noch zur Beratung die Vorlagen über „Pfarrgemeinderat“, „DekanatsraV, Vikariatsrat“ und „Diözesanrat“. Wenn man sich auch nicht des Eindrucks erwehren kann, daß die Bildung dieser Räte möglicherweise da und dort mehr ein Hindernis als ein Vorteil für eine produktive pastorale Arbeit werden könnte, so muß doch gesagt werden, daß die Vorlagen ausgezeichnet gearbeitet waren. Deshalb konnten sie auch mit einigen Einschränkungen relativ leicht in der

Abstimmung Annahme finden. Der Gesamteindruck dieser Session ist jedenfalls ein viel günstigerer, als es der Eindruck war, den die ersten beiden Teüsessionen machten. Doch scheint uns, daß immer noch zu viele Beschlüsse gefaßt werden, manche Vorlagen nicht reif genug sind, um in das Plenum zu kommen, und mehr und mehr erhebt sich die drohende Frage der Durchführung. Wenn diese auch nur schrittweise geschehen kann, ist es doch fraglich, ob überhaupt jemals ausreichende Kräfte vorhanden sein werden, um das alles durchzuführen. Und so könnte sich die Synode nach Jahren als Wasserkopf erweisen. Dies möge man wenigstens für die weitere Arbeit in der Synode bedenken. Schließlich müßte man während der Synode eine nicht geringe Müdigkeit der Synodalen feststellen. Hoffentlich gelingt es, durch einen zügigen Abschluß der Synode das Interesse nicht ganz erlahmen zu lassen und auch Kräfte für die Durchführung der Beschlüsse zu wecken.

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