6754789-1967_42_12.jpg
Digital In Arbeit

Gefährliche Meinungen

Werbung
Werbung
Werbung

In einer vielbeachteten Intervention hat der Münchner Erzbischof, Kardinal Döpfner, in der Debatte der Bischofssynode über die „gefährlichen Meinungen der heutigen Zeit und den Atheismus“ mehrere konkonkrete Vorschlage gemacht, wie der heutigen Glaubenskrise begegnet werden kann. Kardinal Döpfner ging in seiner Intervention von der realistischen Fragestellung aus, was nun, da die Dinge besprochen worden sind, konkret zu tun sei. Er hielt zunächst fest, daß viele Lehrprobleme noch nicht genügend ausgereift sind, um vom kirchlichen Lehramt entschieden zu werden. In die Eigengesetzlichkeit des Fortschritts der Dinge und der Wissenschaft dürfe in keiner Weise eingegriffen werden. Deshalb sei weder eine päpstliche Enzyklika über die „gefährlichen Meinungen“ wünschenswert noch ein allgemeiner gesamtkirchlicher Katechismus noch eine Liste von modernen Irrtümern. Der gegenwärtigen Glaubenskrise und den sonstigen doktrinären Schwierigkeiten müsse man in positiver Weise begegnen.

- Döpfner machte dazu fünf konkrete Vorschläge:

• Eine international besetzte theologische Kommission soll errichtet werden, wie es zahlreiche Synodenmitglieder schon gefordert haben, um die Probleme zu vertiefen und dem Heiligen Stuhl entsprechende Anregungen zu geben.

• Jede Bischofskonferenz soll ein Theologenkomitee einsetzen, das mit den Bischöfen in einem ständigen und aufrichtigen Gespräch steht.

• Die Bischofskonferenzen wiederum sollen mit dem Heiligen Stuhl in einem ständigen Gespräch über die doktrinären Probleme bleiben, und der Heilige Stuhl soll nichts unternehmen, also beispielsweise auch keinen gesamtkirchlichen Katechismus herausgeben, ohne die Meinung des Weltepiskopats gehört zu haben.

• Der Heilige Stuhl soll die Bischofskonferenzen und auch die einzelnen Bischöfe dadurch unterstützen, daß er sie ständig über die aktuellen Lehrprobleme unterrichtet und sie über die Entwicklungen auf dem laufenden hält.

• Die Bischofssynode schließlich soll zum Abschluß ihrer ersten Vollversammlung eine Resolution oder ein offizielles Bulletin über die doktrinären Probleme herausgeben, dessen Text von d)er Synodalkommission zu redigieren ist.

Die Synodalkommission, die das neue Dokument über die nachkon-ziliaren Tendenzen und Schwierigkeiten auf dem Gebiet des Glaubens erarbeiten soll, ist bereits gewählt. Es gehört ihr kein Mitglied der römischen Kurie an, sondern nur zwölf Delegierte von den nationalen Bischofskonferenzen aus allen Teilen der Erde.

Experimente weisen in die Zukunft

Vor einigen Wochen ließ ein Bericht der Missionszeitschrift „Marianinhiil“ audihorchen: Seit vier Jahren schon setzten brasilianische Bischöfe Ordensfrauen als Pfarrverwalterinnen ein. Diese Schwestern — weiblichen Diakonen vergleichbar — taufen, feiern Wortgottesdiienste mit eucharistischem Segen, predigen, halten Religionsunterricht und Brautlehren, teilen Kommunionen aus und vollziehen Trauungs- und Beg,räbniszeremonien. Nur Meßfeier, Beichte und Krankenölung bleiben allein dem geweihten Priester vorbehalten.

Das Experiment bewährte sich in zehn Pfarren so gut, daß es in Kürze auf vierzig weitere ausgedehnt werden soll! „Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Frau im Kontakt mit Menschen viel erfolgreicher ist als der Mann!“ äußerte Schwester Iramy

Brasiliens. Sie wurde inzwischen zum Koordinator für die Angelegenheiten der Ordensfrauen bei der Brasilianischen Bischofskonferenz ernannt.

Die weitere Entwicklung auf diesem Gebiet ist offen. Aber der Erfolg wird immer, soweit er von menschlichen Faktoren abhängt, eine Frage der Persönlichkeit sein. Der selbstlosen Persönlichkeit, die nichts anderes im Auge hat als das Heil der Seelen, das in seiner mannigfachen Verkettung mit allen Gegebenheiten des Lebens nur zu oft auch von sozialen Faktoren stark beeinflußt wird. Vielleicht war Paulus weit mehr Prophet, als man bei flüchtigem Lesen meinen könnte wenn er an die Galater schrieb: „Da gilt nicht mehr Jude oder Heide, Sklave oder Freier, Mann oder Frau! Vielmehr seid ihr in Christus Jesus alle eins!“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung