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Die Laien sind Kirche

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Al. Herr: Eminenz, der Heilige Vater hat Sie für die Vorbereitung des Konzils in die Leitung einer besonders wichtigen Kommission berufen. Er hat Sie damit beauftragt, die Arbeit der Kommission für das Laienapostolat zu leiten und vorwärtszutreiben. 1st die Frage des Laienapostolats ein für die Kirche recht neues Problem?

Kardinal Cento: Sie haben recht, es ist eine beachtliche Neuheit, daß die Frage des Laienapostolats in der höchsten und allgemeinsten Versammlung der Kirche Gegenstand der Untersuchung und des besonderen Interesses sein wird. Daraus erklärt sich auch die Überraschung und der Enthusiasmus, die durch die Schaffung einer besonderen Kommission — deren Leitung der Heilige Vater geruht hat, mir anzuvertrauen — auf allen Seiten ausgelöst wurden. In der Tat entspricht dies einer Tatsache, die der große Kardinal Saliege, dem es weder an Geist noch an Begeisterung fehlte, einmal damit charakterisiert hat, daß unsere Zeit eine Zeit der wachsenden Reife des katholischen Laienapostolats sei. Bis heute fühlten sich die Laien i n der Kirche. Heute fühlen sie, daß sie zusammen mit dem Klerus d i e Kirche sind.

Al. Herr: Eminenz, da wir, die Laien, die Kirche sind, können Sie mir vielleicht sagen, was die Kirche von uns in dieser auch für uns neuen Rolle erwartet?

Kardinal Cento: Hierzu möchte ich Ihnen zunächst sagen, daß die Hierarchie Ihnen, den Laien, ihr volles Vertrauen entgegenbringt. Sie sind für sie kämpfende, wertvolle Mitarbeiter zur Vollendung der Mission der Hierarchie. Die Hierarchie wartet auf sie. Die Hierarchie ruft sie zur Arbeit auf, weil ihr Beitrag in unseren Tagen nicht nur nützlich, sondern unentbehrlich ist, um dem Reich Gottes auf Erden zum Sieg zu verhelfen. Sicherlich bleibt auch jetzt noch die erste und letzte Verantwortung für dieses Apostolat bei der Hierarchie. Sie steckt die Wege ab. Sie gibt auch die Richtungen an, aber sie respektiert doch gleichzeitig ein gerechtes Maß an Freiheit auf Seiten der Laien. Die

Laien leiten die Werke des Laien- jpostolats — die Priester sind nur, nach dem so ausdrucksvollen italienischen Wort, „geistliche Beistände“, die lediglich die Garantie für die Drthodoxie im Glauben und in der Moral leisten.

Al. Herr: Eminenz, glauben Sie, daß lie Mitarbeit der Laien am geistlichen Apostolat in der Kirche günstige Wirtungen zeitigt?

Kardinal Cento: Ich glaube an die Wirksamkeit des Laienapostolats. Das catholische Laientum, so sagt man, tnd ich finde diesen Ausdruck wirk- ich glücklich, ist ein Gegenmittel und

eine Abhilfe gegenüber dem atheistischen Laizismus. Der katholischen Sache tun sich ungeahnte Möglichkeiten auf. Nach meinen persönlichen Erfahrungen, auf die Sie soeben, zu sprechen kamen, nach meinen Erfah- į rungen als ehemaliger Gemeinde- )d priester, als ehemaliger Diözesan- c bischof, als ehemaliger Apostolischer « Nuntius in so vielen verschiedenen Ländern, und das während 3.5. Jah

ren

Al. Herr: In wieviel Ländern, Eminenz?

Kardinal Cento: Ekuador, Vene-

zuela, Peru, Luxemburg, Belgien, Portugal usw. Also, meine Erfahrung hat mich davon überzeugt, hat mich gelehrt mit der unwiderlegsamen Beredsamkeit der Tatsachen, daß dieser Elan apostolischer Aktivität — der zwar zusammen mit der Kirche entstanden ist, aber der in den letzten Jahren besonderen Höhen zustrebt —, daß dieses Apostolat, dieser Schwung der Laien, Seelen geschmiedet hat, die nicht nur ergeben, sondern die eines wirklichen Heroismus fähig sind. Diese Elite der Laien, diese ausgewählte Elite, ist schon heute, und wird es von Tag zu Tag mehr, die

Hefe, die den Teig zum Bewegen bringen wird.

AI. Herr: Eminenz, gestatten Sie mir, daß ich jetzt auf die Kommission für das Laienapostolat zu sprechen komme. Die Tatsache, daß diese Kommission geschaffen worden ist, außerdem die Tatsache, daß Sie diese Kommission leiten, läßt vielleicht voraussehen, daß den Laien in der Welt Richtlinien für ihr Handeln an die Hand gegeben werden für dieses neue Apostolat, zu dem die Kirche sie beruft.

Kardinal Cento: Zunächst einmal muß ich Ihnen sagen, daß die Arbeit meiner Kommission beileibe nicht einfach ist, denn sie ist die erste ihrer Art und kann auf keine Tradition bauen. Ihr Gegenstand ist ein neuer Gegenstand, sagen wir auch: ein noch nicht ganz greifbarer Gegenstand. Und das verlangt von unserer Seite ein noch vertieftes Studium. Um auf Ihre Frage einzugehen: Ich kann Ihnen sagen, daß es keineswegs ein starres Schema geben wird, das unveränderlich auf alle Länder an

gewandt werden könnte. Denn schließlich hat jedes Volk seine eigene Geschichte, seine eigene Kultur, seine eigene Psychologie, und dann darf es auch nicht überraschen, wenn es verschiedene Formen gibt, die katholische Aktion voranzutreiben, auch wenn sie alle dem gleichen Ziel zustreben. Es gibt also selbst auf diesem Gebiet die Einheit in der Vielfalt, und das ist ja das Geheimnis der Schönheit des Katholizismus. Es gab, es gibt und es wird immer unter den verschiedenen Katholiken verschiedene Ideen geben, die manchmal sogar entgegengesetzt sind. Aber in all dem muß man die Regel, die der heilige Augustinus gesetzt hat, befolgen, die voll Wahrheit ist: In den notwendigen Dingen Einheit, in den zweifelhaften Dingen Freiheit. In allen Dingen Barmherzigkeit. Aber schließlich ist auf. Seiten der Laien noch die Unterwerfung unter die Hierarchie notwendig. Die Unterwerfung, die keineswegs sklavisch ist, sondern der des Sohnes ähnlich, und die Sicherheit für den Weg bietet und vor allem Unterpfand für den göttlichen Segen ist.

Al. Herr: Eminenz, das Datum für das kommende Konzil ist noch nicht festgesetzt, aber wir wissen, daß es nicht mehr in großer Ferne liegt, und ich möchte Sie daher fragen, worin die Arbeit der vorbereitenden Kommissionen in den kommenden Monaten bestehen wird, damit die Arbeit bei Beginn des Konzils abgeschlossen ist.

Kardinal Cento: Ich kann Ihnen sagen, lieber Freund, daß wir mit leidenschaftlichem Eifer arbeiten. Die Tätigkeit des Heiligen Vaters dient eher noch dazu, unser Arbeitstempo zu beschleunigen. Dieser Papst ist wirklich liebens- und bewundernswert! Liebens- und bewundernswert wegen der Güte, mit der er die Welt gewonnen hat. Vielleicht wird man eines Tages ein Buch mit dem Titel schreiben: I Fioretti del Buon Papa Giovanni.

Al. Herr: Ich würde das ausgezeichnet finden.

Kardinal Cento: Die Kommissionen, , die er ernannt hat, hab« sich, mįt. , großem Erter an ihre Arbeit gemacht. Am Ende dieses Monats wird eine neue Generalversammlung der Kommissionen stattfinden, an der auch die sonst außerhalb Roms residierenden Mitglieder teilnehmen werden. Wir hoffen, daß die Arbeit wirklich von Erfolg gekrönt sein wird. In der Zwischenzeit haben wir alle, ohne Ausnahme, Hierarchie und einfache Gläubige, eine Aufgabe: den Heiligen Geist zu bitten, damit Er, und Er allein, unsere Arbeit leitet und befruchtet, jetzt, während der Vorbereitungszeit, und auch während der großen Konzilsversammlung.

COPYRIGHT B. I. P.

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