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Ökumene in Kerala

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„ln der Vergangenheit betonten •wir die Differenzen. Jetzt untersuchten wir, ob es etwas gäbe, was uns vereint, und wir entdeckten, daß die Verschiedenheit in den Ansichten gering ist, daß dieselben hohen Ideale und der starke Wunsch nach Einheit überwiegen.”

So schildert eine katholische Journalistin Keralas, eine Klosterschwester aus Indiens ärmstem Teilstaat, nach der Teilnahme an einem „Ökumenischen Seminar christlicher Schriftsteller und Journalisten Keralas”, ihre Eindrücke. Der Organisator des Seminars, Jesuitenpater M. M. Mathew, schließt seinen Bericht mit der Feststellung: „Der Anteil der Christen an der Bevölkerung Keralas beträgt ungefähr 35 Prozent. Aber die Christen sind untereinander so uneinig, daß der christliche Einfluß im öffentlichen Leben völlig unbedeutend ist. Die christlichen Schriftsteller und Journalisten streben danach, Einigkeit, Zusammenarbeit und größere Teilnahme am öffentlichen Leben zu erwirken, damit die christliche Kirche in Kerala zum Sauerteig für die gaij/se Kirche von Indien werde.” Kerala spielt eine führende Rolle in den ökumenischen Bestrebungen Indiens und wirkt beispielgebend über Indien hinaus. Den Führern dieser ökumenischen Bewegung ist es klar, daß es gerade im übervölkerten und unterentwickelten Kerala nicht mehr um die Frontstellung Katholiken — Nichtkatholiken gehen kann, nicht einmal mehr um Christen oder Hinduisten, sondern um Religion oder Atheismus.

Der junge Arbeiter, der aus dem Familienverband in die Industriezentren abwandert, wird den kommunistischen Parolen verfallen, wenn er nicht vom Christentum aufgefangen wird. Die Tradition des Hinduismus kann ihm in den geänderten Umweltsbedingungen nicht mehr genügen.

In Kerala, dessen Christen bereits Marco Polo im 14. Jahrhundert gerühmt hat, leben fünf der zwölf Millionen Christen Indiens, es ist also durchaus verständlich, wenn hier eine Bewegung entsteht, die das ganze Land aufgeschlossener für das Christentum machen will.

Alle christlichen Gemeinschaften führen ihr Entstehen auf die Tätigkeit des Apostels Thomas zurück und haben sich erst 1652 getrennt.

1930 unierte sich ein Teil der Orthodoxen unter Erzbischof Mar Ivanios mit Rom; zu den ändern blieb das Verhältnis sehr reserviert. Seit Johannes XXIII. und besonders seit der Indienreise Pauls VI. wächst das Verständnis der Christen untereinander, und das ökumenische Zentrum arbeitet im Geist echter Brüderlichkeit. Nicht nur die intellektuellen Kreise werden in diese Arbeit einbezogen. Seminare werden auch für Industriearbeiter abgehalten, und gemeinsame Gottesdienste und Versammlungen sollen die Einheit immer weitet vorbereiten.

Eine führende Rolle spielt bei dieser Arbeit die „Christian Writers’ and Journalists’ Fellowship” unter der Leitung von Father M. M. Mathews S. J., die erst im vergangenen Dezember wieder ein Seminar über die Bibel abhalten konnte. Er sollte „die Macht der Bibel manifestieren, Christen verschiedener Kirchen zu vereinen und die Intellektuellen zu schöpferischer Arbeit zu inspirieren”.

Es will scheinen, daß die „dritte Welt” in der Frage der Einheit befähigt ist, eine führende Rolle zu spielen!

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