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WILFRIED SCHEIB / IM ZEITALTER DER MASSENMEDIEN

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Salzburg ist wieder Treffpunkt der künstlerischen und gesellschaftlichen Prominenz. Für Prof. Dr. Wilfried Scheib allerdings waren die vergangenen Tage sehr anstrengend: er leitete die Fernsehaufzeichnung der Festspiel-„Zauberflöte”. Als nächstes soll aus Bregenz Rossinis „La Cenerentola”- übertragen werden und via Eurovision TV-Teilnehmer in vielen Ländern erheitern. „Meiner Meinung nach ist die direkte Übertragung, das Live-Verfahren, die beste Art, eine Oper künstlerisch einwandfrei zu produzieren, da auf diese Weise das Gesamtkunstwerk Oper wahrhaft gestaltet und vermittelt werden kann”, meint Professor Scheib, seit geraumer Zeit Leiter der Gesamtplanung Ernste Musik / Oper des österreichischen Fernsehens.

Der nunmehr zweiundvierzig- jährige Linzer, an konzentrierte sachliche Arbeit nach vielen Richtungen hin gewöhnt, als Praktiker ebenso sattelfest wie in der wissenschaftlich fundierten Theorie, studierte am Bruckner- Konservatorium seiner Vaterstadt und an der Akademie für Musik und darstellende Kunst, die er absolvierte. Daneben lief das Studium der Musik- und der Zeitungswissenschaft, das er mit einer Dissertation über die Musikberichterstattung des 18. Jahrhunderts abschloß. Musikkritiker, Kapellmeister der Wiener Sängerknaben und Musikreferent von Radio Salzburg — dies sind die ersten Stationen seiner Laufbahn, ehe ihn das Fernsehen 1957 auf seinen jetzigen Posten berief. In den Aufgabenkreis seiner Abteilung fallen vier Hauptsparten von Sendungen: Oper, Ballett, konzertante

Musik und musikalisch-didaktische Mischsendungen.

Bis jetzt übertrug das österreichische Fernsehen etwa 85 Opern, rund 20 davon waren Eigenproduktionen, mehrere wurden bei internationalen Festivals mit Preisen ausgezeichnet. Einer der wichtigsten Punkte von Doktor Scheibs Policy besteht in dem konsequenten Bestreben, zeitgenössisches Opernschaffen auf die Bildschirme zu bringen. Im Rahmen dieser Förderung der modernen Musikdramatik übernahm das österreichische Fernsehen durch Erteilung von Aufträgen an heimische Komponisten eine allgemeine kulturpolitische Verpflichtung. Vier a priori mit Blickrichtung auf das Medium Fernsehen gestaltete Opern wurden geschrieben und gesendet.

Ein Problem, das Professor Scheib sehr häufig beschäftigt, ist die gültige optische Gestaltung der TV-Übertragungen von Orchesterkonzerten. Um so mehr, als Tests ergaben, daß das traditionelle Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker die beliebteste Eurovisionssendung überhaupt ist. „Wir versuchen, den Eindruck eines Konzertbesuches zu vermitteln und das Musikempfinden lediglich durch kurze Einführungen anzuregen.” Darüber hinaus, so betont Professor Scheib, stellen die Ton- und Bildaufzeichnungen, die so entstehen, musikgeschichtliche und interpretationskundliche Dokumentation von einmaligem Wert dar.

Immer klarer tritt die eminente kulturelle Bedeutung der audiovisuellen Media Rundfunk, Fernsehen, Film und Schallplatte in Erscheinung, und um eine zeitgemäße, der Entwicklung entsprechende Standortbestimmung der Musik durchzuführen, wurde 1961 das „Internationale Musikzentrum Wien” gegründet, das heute eine wahrhaft weltumspannende Organisation ist. Man betraute Professor Scheib mit der Funktion des geschäftsführenden Generalsekretärs, denn man weiß, daß er am Verhandlungstisch mit der gleichen Intensität bei der Sache ist wie im Studio, getreu seinem Leitsatz: „Die Aufbruchs- und Entwicklungszeit der technischen Medien ist im großen und ganzen abgeschlossen, aber die Probleme sind für das Publikum und die Produzenten die gleichen geblieben: es gilt, das technisch Erreichte auch geistig zu bewältigen.”

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