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IM STREIFLICHT

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PROGRAMMIERUNG und Durchführung der Salzburgei Festspiele obliegt drei verschiedenen Gremien: dem Kuratorium, der Direktion und dem Kunstrat. Das erstere wird durch die offiziellen Vertreter von Staat, Stadt, Land usw. gebildet und hat nicht a priori die Aufgabt sich mit dem „geistigen Profil“ der Festspiele tu befassen. Dies ist Aufgabe vor allem des Kunst-b e i r a t e s, der aber während der letzten Zeit auf zwei Mitglieder zusammengeschmolzen war (Wilhelm Furtwängler und Gottfried von Einem) und nach Furtwänglers Tod entweder zu existieren aufhört — oder einer Neukonttituierung bedarf. Hierfür werden bereits einige Namen genannt, etwa Clemens Holzmeister, der Regisseur Herbert Graf, Ernst Lothar, Friedrich Schreyvogl, O. F. Schuh, Caspar Neher und G. von Einem. Wünschenswert vor anderem wäre die Hinzuziehung von Staatsoperndirektor Böhm. — Im Direktorium, der wichtigsten Instanz, die statutengemäß aus fünf Mitgliedern besteht, ist durch das Ausscheiden von Dr. Egon Hilbert gleichfalls ein Platz freigeworden, der mit dem derzeitigen Chef der Bundestheaterverwaltung Ernst Marboe besetzt wurde. Durch den bereits vor längerer Zeit erfolgten Rücktritt des Komponisten G. von Einem ist hier aber noch ein zweiter Platz vakant, den einzunehmen wohl niemand geeigneter wäre als Professor O. F. Schuh, der bekannte Regisseur und Fachmann für das zeitgenössische Musiktheater. Hiermit wäre gleichzeitig die so wünschenswerte — und bisher vernachlässigte — Verbindung zwischen Schauspiel und Oper hergestellt, die ja die beiden wichtigsten Komponenten der Salzburger Festspiele auch in Zukunft sein werden.

VON Zeit zu Zeit tritt das „Max-Reinhardt-Seminar“ — das ein Teil der Akademie für Musik und darstellende Kunst ist — im Schön-brunner Schloßtheater mit Aufführungen der Seminaristen an die Oeffentlichkeit. So auch heuer wieder zum Jahreswechsel. Vor allem Shakespeare ist es, dessen Personenfülle immer wieder zur Darstellung lockt. Hier wird mit einem Eifer, einer Freude und Hingabe Theater gespielt, wie wir sie nur allen Wiener Bühnen wünschen könnten. Darüber hinaus bestätigen diese Aufführungen das eine ums andere Mal, daß Wien, wenigstens was seinen Nachwuchs an Begabungen für die Bühne anbelangt, immer noch eine Weltstadt des Theaters ist.

DER Rundfunk beginnt in den letzten Wochen sich bei den Zeitungen für die Rundfunkkritiken, die dort erscheinen, zu revanchieren. Zwei neue, rasch beliebt gewordene Sendungen — die eine im II. Programm des Oesterreichischen Rundfunks, die andere bei Rot-Weiß-Rot — haben diesen Brauch eingeführt. „Wir blenden auf — wir blenden ein“ stellte Dummheiten und Schlagzeilen (oder richtiger: Schlagzeilen und andere Dummheiten) der Wiener Boulevardpresse zusammen, und gar der „Watschenmann“ — so heißt die rweite Sendereihe — holte zu einem kräftigen Gegenschlag aus. Er wies dem Radiokritiker „einer Wiener Tageszeitung“ nach, daß er Programme besprochen habe, die nie gesendet wurden. (Zur Schande des Rundfunks sei es gesagt: das kommt vor, daß die Programme nicht stimmen!) Wie wird der auf frischer Tat Ertappte sich nun revanchieren? Wird er den „Watschenmann“ verreißen oder wird er ihn loben, weil er ihm gar nicht zugehört hat?

DIE merkwürdigsten Dinge geschehen zwischen Ost und West. Da gab es bis vor kurzem die Druckschriftenzensur. Bestimmte Bücher wurden aus Oesterreich nicht hinaus-, andere nicht hereingelassen. Nun hat man diese Kontrolle also eingestellt: alles darf hinaus und herein. Das ist immerhin erfreulich. Aber jetzt hat man für den Postempfänger eine neue Ueberraschung bereit. Unterwegs wird einer Sendung nicht etwa etwas entnommen, sondern hinzugefügt. Da wird einem privaten Büchersammler ein Packerl mit einem bestimmten, hier nicht erhältlichen Buch aus der deutschen Ostzone (DDR) angekündigt. Die Sendung trifft ein, der Empfänger zahlt die obligate (inzwischen längst abgeschaffte) Verzollungsgebühr, schnürt sein Packerl auf und findet außer dem angekündigten belletristischen Werk noch eine „aufklärende“ Broschüre über den Fall Otto John (in Westdeutschland das „doppelte Ottchen“ genannt). Diese erhält er gratis und franko, als Zuwaage gewissermaßen. Da den Empfänger alles interessiert, sagt er danke, liest die Broschüre — und „legt'f zum Uebrigen“.

DIE Arbeit der Katholischen Filmkommission für Oesterreich verzeichnet für das Jahr 1954 die Bewertung von 432 (1953: 413) Filmen nach den bekannten, vorwiegend sittlich-weltanschaulichen Richtlinien. „Zu empfehlen“ waren diesmal nur 5 (1953: 7); zulässig 269 (266); mit Vorbehalten 136 (119); abzuraten und abzulehnen 22 (21). Dem unverkennbar quantitativen Ansteigen des Angebots steht also — bei ungefähr gleichbleibendem ästhetischem Rang — ein leichtes Absinken des sittlichen Wertes und Gehaltes der Filme gegenüber, das siel besonders deutlich in der Gruppe „mit Vorbehalten“ ausdrückt. Die Menschen sind satter, „konsolidierter“ und damit stumpfer, „großzügiger“ geworden. Die hundert Lust-Spiele und Ehebrüchlein gibt es in Notzeiten nicht!

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