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Mittel zur Umsetzung konservativer Zwecke

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Durch die Spar- beziehungsweise Relastungspakete ist de facto der freie Schul- und Hochschulzugang bereits stark in Frage gestellt worden. Durch das Überwälzen finanzieller Relastungen auf die Lernenden und Studierenden beziehungsweise ihre Familien, ist eine Umverteilung zu Lasten junger Menschen, die sich in Ausbildung befinden, politisch vollzogen worden. Von konservativer Seite wird die Ausbreitung teurer Zusatz- und Elite-Ausbildungen (zum Reispiel die Einrichtung der postgradualen, gebührenpflichtigen Donau-Universität) und die Verstärkung ' patriarchalischer Abhängigkeiten massiv vorangetrieben. Die Reduzierung der staatlichen Unterstützung der Studierenden führt erneut zur Abhängigkeit von den Eltern. Gleichzeitig wird die derzeit diskutierte Einführung von Studienge-bühren voraussichtlich dazu führen daß wieder weniger Frauen die Hochschulen besuchen werden, da in den Familien erneut die Frage gestellt werden wird, für wen sich eine teure Ausbildung lohnt, und da werden die Männer noch immer bevorzugt werden. Das Aushungern des Rildungssektors dient somit der Umsetzung gesellschaftspolitisch konservativer Ziele.

Vor diesem Hintergrund vertrete ich folgende Thesen:

■ Die Sicherung des freien Zugangs zu mittleren und höheren Ausbildungen ist eine öffentliche Aufgabe und die wichtigste Zukunftsinvestition einer Gesellschaft. Die schleichend aufgebauten finanziellen Restriktionen und Zugangsbeschränkungen (de facto Knock-out Prüfungen) müssen abgebaut werden. Die Einführung von Studiengebühren oder die Darlehensfinanzierung von Studien lehne ich ab.

■ Notwendig ist eine Debatte über künftige öffentliche Aufgaben. Es ist nicht einzusehen, daß historisch früher entstandene öffentliche Auf-gaben (Exekutive, Militär, Straßenbau und Erhaltung, Verkehrsüberwachung), unkritisch fortgeschrieben beziehungsweise sogar forciert werden, während die Aufgaben des modernen, leistenden und investierenden Staates in Frage gestellt werden.

■ Die Behauptung, daß der offene und freie Zugang zur Bildung zu einer Umverteilung von unten nach oben führe, ist zumindest problematisch, da die Daten auch andere Schlüsse zulassen. Doch selbst wenn es eine stärkere Beprä-sentanz junger Menschen aus mittleren und oberen gesellschaftlichen Schichten in den höheren Bildungswegen gibt, dann spricht das für eine Verbesserung der Chancengleichheit im Bereich des Kindergarten- und Schulwesens und nicht gegen den freien Hochschulzugang.

■ Eine gerechtere Verteilungssituation kann daher niemals über Beschränkungen im Zugang zu Bildungseinrichtungen erreicht werden und auch nicht primär über Differenzierungen im Transfersystem, sondern über das Steuersystem.

Aus grüner Sicht sind dabei zwei Prinzipien vorrangig: 1. die Okologi-sierung des Steuersystems nach dem Motto: Arbeit entlasten - Energie belasten, und 2. die stärkere Progressivst des Steuersystems insbesondere die Beendigung der dramatischen Bevorzugung der Bezieher(innen) von Kapital- und Vermögenseinkünften.

■ Jede Verstärkung' patriarchalischer Prinzipien, das heißt die Förderung der Abhängigkeit junger Menschen von Eltern oder Erziehungsberechtigten, ist abzulehnen. Der Verweis auf die gerichtliche Einklagbarkeit von Unterhaltsleistungen als Argument für die Aushöhlung des Prinzips des freien Zugangs zu Bildungseinrichtungen ist eine Verhöhnung junger Menschen und eine Flucht aus der staatlichen Verantwortung für ein effizientes öffentliches Bildungssystem.

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