Der Interventionsintendant

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Ich will keine Informationen, sondern Interventionen. Genauso wie die NATO im Kosovo nicht sehr viel von Informationen - trotz täglicher Medienirritationen -, doch umso mehr von Interventionen hielt, lege auch ich keinen gesteigerten Wert auf eine parteilose Propaganda im ORF.

Warum nicht?

Wir leben in einem (durch Sozialgesetze leicht beschädigten) Kapitalismus; lernen wir daher aus der äußerst fruchtbringenden, ja beispielhaften Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und TV-Filmproduktion. So entzückt es mich immer mehr, wenn ich in den TV-Krimis die siegreichen Kommissare immer nur eine bestimmte Zigarettenmarke rauchen und Biersorte trinken sehe. Daß die bösen Mörder (gibt es eigentlich auch andere?) stets den Konkurrenzprodukten des Hauptsponsors den Vorzug geben, das ist sicherlich nur ein Zufall, doch die raffinierte Absicht imponiert mir.

Da ich stets und werbetreu immer nur das "Echte", das "Unverfälschte" schlucke und lutsche und meine Wäsche in der Maschine - im Gegensatz zu meinen Arterien - nur mit den "modernsten Mitteln" entkalke, lebe ich völlig unbeeinflußt von nichtbeworbenen Produkten.

Genau diese Art eines (wirtschaftlichen) Non-stop-Interventionsimus empfehle ich auch der "größten Medienorgel" Österreichs.

Nach dem Prinzip des "Alles ist verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist!", sollte man alle irreführenden Formulierungen, natürlich in letzter Sekunde, aus den Manuskripten der Fernsehsprecher schneiden. So wäre nach meinem Vorschlag, z.B. gänzlich unerlaubt, am Ende einer Jahreszeit von "Klimawechsel" zu sprechen. Die Volksweisheit, "auch von der schönsten Schüssel kann man nicht abbeißen", dürfte in keiner ORF-Sendung vorkommen. Hingegen wäre der Spruch - "Geh' nicht zum Schmiedl, sondern zu(r/m) Schmi(e)dt!" geradezu Pflicht. Andrerseits müßte die (angebliche) Weisheit, "Hunde die beißen, die Bellen nicht ...", aus dem ORF-Sprachschatz getilgt werden.

Alle diese und ähnliche (Maß-)Regelungen können sich allerdings geplagte ORF-Redakteure nicht mehr merken. Um ihre Arbeit zu erleichtern, sollten die Parteien und Interessenvertretungen über ihre Pressedienste die Manuskripte druck, - (pardon: sende-)frisch direkt dem ORF zur Verfügung stellen.

Meine zwar wohlmeinenden, wenn auch nicht -überlegten Vorschläge könnten ohne eine wirksame Kontrolle nicht realisiert werden. Daher schlage ich die Ernennung eines "Interventionsintendanten", der den gänzlich überflüssig gewordenen Informationsintendanten ablöst, vor.

Der Interventionsintendant wacht nicht nur über die strikte Einhaltung der Parteien- und Interessenvertretungs-Interventionen, sondern sorgt auch dafür, daß nicht unbeabsichtigte, sogenannte Objektivmeldungen in die Sendungen rutschen.

Ein guter Interventionsintendant muß nicht nur charakterfest, sondern auch phantasiebegabt sein; er sollte nämlich die täglichen Parteipressemeldungen nicht immer abwarten, sondern auch selbständig tätig werden. Dazu ist, nebst Charakter und Phantasie, auch ein gut entwickeltes Einfühlungsvermögen notwendig: Er muß im voraus wissen, was die maßgebenden Politiker des Landes, meist im nachhinein, sagen (wollten). Solche absolut originelle Polit-Meldungen sind z.B.: "Wir sichern die Arbeitsplätze!" "Wir sorgen für die Sicherheit!" "Wir bleiben neutral - zumindest einmal in der Woche ...!", usw.usf.

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