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Berufen zum Dienst des Herrn

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Der Heilige Vater Pius XL mahnte die Bischöfe, das Priesterseminar wie ihren Augapfel zu schätzen und zu hüten, weil es, als Stätte der Ausbildung für den Priesternachwuchs, das Kostbarste in jeder Diözese ist. Von dieser Kenntnis erfüllt, hat auch Bischof Dr. Paulus Rusch stets eine große Auffassung und ein warmfühlendes Herz für das Priesterseminar seines Kirchengebietes gezeigt.

Schon als junger Priester war er von 1936 bis 1938 Regens des Priesterseminars, das damals provisorisch im Männerheim Innsbruck untergebracht war, nachdem ein längeres Verbleiben im altberühmten Priesterseminar in Brixen durch die politischen Verhältnisse unmöglich geworden war. Viele Sorgen hatte damals der junge Regens mit dem Priesterseminar, besonders mit der Unterbringung. Als ein Verbleiben im Männerheim nicht mehr möglich war, siedelte der junge Regens mit seinen Theologen in das Canisianum über. Als auch dieses im Herbst aufgehoben wurde und nach Sitten übersiedelte, konnte der inzwischen zum Bischof der Apostolischen Administratur ernannte und geweihte

Dr. Paulus Rusch nur noch kurze Zeit im Canisianum verbleiben. Vorerst ergab sich im Servitenkloster in Volders eine Unterkunft, dann im jetzt „St. Michael“ genannten Haus in Matrei: aber auch dort war nur ein kurzes Verbleiben: auch dieses Haus wurde beschlagnahmt. Die Theologen mußten in Privatquartieren in Matrei untergebracht werden, und die Vorlesungen waren in der Kapelle neben der Pfarrkirche in Matrei am Brenner. Natürlich mußte Bischof Rusch auch für geeignete Lehrkräfte sorgen. Aber auch in Matr.ei konnte Bischof Paulus seine Theologen, die infolge Einrückens immer weniger wurden, nicht mehr belassen, und so schickte er die letzten wenigen Theologen in das Priesterseminar von Kärnten, das, ebenfalls aus Klagenfurt ausgewiesen, im alten Benediktinerkloster St. Georgen am Langsee und später im altehrwürdigen Kloster in Gurk in einem abgelegenen, stillen Tal hauste. Dies waren die letzten Reste des Priesterseminars.

Nach der Beendigung des Krieges konnte Bischof Paulus die zurückkehrenden Theologen wieder im Canisianum unterbringen, aber nicht als eigenem Diözesanpriesterseminar, sondern in der Gemeinschaft der Theologen, die sich aus allen Weltteilen wieder im Canisianum sammelten. Auch die theologische Fakultät wurde wiedereröffnet. Als sich immer mehr auswärtige Theologen im internationalen Konvikt Canisianum meldeten und das Haus selbst noch zum größten Teil vom Finanzamt besetzt blieb, teilten die hochwürdigen Patres Jesuiten dem Bischof mit, daß sie keine weiteren Theologen mehr aus der Diözese übernehmen können. So war Bischof Paulus vor die große Aufgabe gestellt, ein eigenes Priesterseminar für die Apostolische Administratur Innsbruck-Feldkirch zu errichten. Nach langem Suchen fand er im Gelände des Margarethinums in Innsbruck-Hötting einen geeigneten Platz, schön gelegen, nicht zu weit von der Universität entfernt.

Nun folgte die Planung des neuen Priesterseminars. Da man das Werk mit leeren Kassen beginnen mußte, war es klar, daß man den Bau nur in Etappen ausführen konnte. Unter Bischof Paulus wurde gleich ein weitreichender Finanzierungsplan der Diözese vorgelegt. In einem Hirtenbrief rief er die Priester und das Volk auf, an jedem Monatssonntag das Kirchenopfer für das neue Priesterseminar einzuheben. Dieses Monatsopfer, das sehr gefördert wurde, hatte großen Erfolg. Es wurde die dauernde Stütze bei der Bauausführung. Nun folgte aber die Planung des Hauses selbst in Verbindung mit dem neu ernannten Regens und den Architekten Otto Linder und Dr. Emil Tranquillini. Das neue Priesterseminar sollte eine Gottesburg sein und ein wirkliches Heim für all die jungen Menschen, die sich hier auf den größten und wichtigsten Beruf als Priester des Herrn vorbereiten sollten. Es wurde auf alles Bedacht genommen. Auch für die leibliche Gesundheit wurde die möglichste Vorsorge getroffen, in einer modern eingerichteten Küche, einem schönen Speisesaal, einem Turnsaal und Spielplatz, einem schönen Garten am Fuße der Nordkette und einer modernen Badeanlage. Jeder Theologe hat ein heimelig ausgestattetes Einzelzimmer, wo er sich auch daheim fühlt.

Für die geistige Ausbildung sind zwei Hörsäle vorgesehen, wo die Hausvorlesungen gegeben werden. Hier werden die Theologen, die an der Universität die wissenschaftliche Ausbildung erhalten, für die praktische Seelsorge in Kirche und Schule, bei der Jugend und den verschiedenen Aufgaben der Pfarrei geformt. Eine heute schon reichhaltige Bibliothek und. ein, mit den alten und neuesten Werken der verschiedenen Disziplinen ausgestattetes Lesezimmer vermitteln den jungen Theologen den Stoff für ihr Studium. In der Aula finden Vorträge und Festlichkeiten statt, äußerst gefällige Räume dienen der Erholung.

Besondere Sorgfalt verwendete Bischof Paulus für das Herzstück des Priesterseminars: die Seminarkirche. Sie ist wirklich ein sakraler

Raum geworden, geeignet für die Gestaltung des Gottesdienstes- und auch für das stille Beten, ein Gotteshaus, das die jungen Menschen immer wieder anzieht.

Um die jungen Theologen zur Selbständigkeit auf dem Wege des Vertrauens zu erziehen, hat man beim Bau des neuen Seminars auf manches verzichtet, was in früheren Seminaren noch zu finden war: zum Beispiel auf gemeinsame Studiensäle, auf die Fenster in den Zimmertüren und so weiter.

Vier Jahre dauerte das Planen und Bauen. Bischof Paulus konnte am 27. April 1955 das Werk mit der feierlichen Weihe der Kirche und des Hauses krönen — ein Freudentag für den

Eischof, die Theologen und das ganze katholische Volk, das so opferfreudig durch all diese Jahre mit Gebet und materiellen Gaben mitgeholfen hat. Dadurch wurden das Priesterseminar und das Anliegen der Priesterberufe ein wirkliches Herzensanliegen des ganzen Volkes, und diese Mitarbeit zeitigte vielfache Frucht, besonders an Berufen. Das Priesterseminar wurde auch ein Zentrum für die Priester der ganzen Diözese in vielfacher Hinsicht, besonders für Exerzitien, Tagungen, Pfarrerkurse usw.

Bis Ende 195 5 halfen die Monatsopfer, dann bis 1957 die Quatemberopfer zur Abzahlung der Schulden. Heute können wir mit Dank an Gott melden, daß das Priesterseminar in jeder Hinsicht vollendet ist. Bischof Paulus aber gebührt der größte Dank, daß er in der Planung und Finanzierung sowie in der persönlichen Unterstützung allen vorangegangen ist.

Seine zweite Sorge aber galt und gilt bis heute den vorbereitenden Seminaren, dem Knabenseminar Paulinum in Schwaz und dem neu zu errichtenden Studienkonvikt Marianum in Bre-genz. Das Knabenseminar Paulinum, 1926 von Bischof Dr. Sigismund Waitz unter der hervorragenden Mitarbeit des hochwürdigen Herrn Provikar Dr. Urban Draxel geschaffen, empfing immer wieder die Förderung durch Bischof Doktor Paulus Rusch. Noch manche Neuerung und Erweiterung ist vorgesehen, um den heutigen Bedürfnissen für ein Knabenseminar zu entsprechen.

Dieselbe Sorge drängt den Bischof dazu, daß auch in Vorarlberg die Möglichkeit zu einem Studentenkonvikt geschaffen werde, das vielen jungen Menschen vom Lande und aus den Tälern Gelegenheit bietet, in einem gut geführten Konvikt sich dem Studium widmen und den Weg zum Priestertum finden zu können. So hat Bischof Paulus für das wichtigste Anliegen eines jeden Kirchengebietes sich bemüht und sich mit aller Kraft eingesetzt. Dafür danken wir ihm an seinem Festtag des doppelten Jubiläums mit einem herzlichen, aufrichtigen „Vergelt's Gott!“

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