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Mensch unter Menschen

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In den dreißiger Jahren tauchte der Plan auf, ein neues Priesterseminar zu bauen, denn man fragte sich mit Recht, ob das jahrhundertealte ehemalige JesuitftttkolleR' das im wesentlichen unverändert pąch der . Aufhebung'dös Ordens als Priesterseminar bemüht wurde, für eine der Zeit entsprechende Ausbildung der Theologen zum Priestertum genüge. Die Idee eines Neubaues war nicht bloß ein schöner Traum, sondern sie wurde rasch in die Wirklichkeit umgesetzt. Nach dem Erwerb eines günstig gelegenen Grundstückes im Rosenhain in unmittelbarer Nähe der Universität wurde sogleich mit dem Bau begonnen, der allerdings über die Errichtung einer großen Turnhalle nicht hinausführte, denn es kam das Jahr 1938. Da kam es nicht nur zur Einstellung des Baues, sondern auch zum Zwangsverkauf des Baugeländes. So mußte man sich wiederum mit dem alten Priesterseminar in der Bürgergasse im ehemaligen Jesuitenkolleg bescheiden. Die Bescheidung ging allerdings im Laufe der kommenden Jahre so weit, daß für das Priesterseminar nur wenige Räume ausgespart blieben. Der große Gebäudekomplex wurde mit Ämtern und Dienststellen belegt, und die übrigen Räume wurden zu Wohnungen umgewandelt.

Das Jahr 1945 brachte kaum eine Änderung der Lage. Die alten Dienststellen wurden durch neue ersetzt, und die Wohnungsinhaber waren nicht willens, auszuziehen. An einen Neubau konnte man in der damaligen Zeit nicht denken. So versuchte man unter großen Schwierigkeiten, einen Wohnungsinhaber um den anderen mit einer Wohnung zu versorgen, um für die immer größer werdende Zahl der aus Krieg und Gefangenschaft heimkehrenden Theologen Raum zu gewinnen. Bis hinein in die fünfziger Jahre waren es harte Zeiten, und die Theologen haben unter heute kaum vorstellbaren Bedingungen gelebt. Die Küche und der schöne Speisesaal dienten für die Verpflegung der Angestellten der Landesregierung.

Die Umgestaltung

Unter diesen Umständen wurde wieder ein Neubau erwogen, da inzwischen die wirtschaftliche Lage auch besser geworden war. Anderseits aber war man doch an der völligen Rückgewinnung des Hauses interessiert, das mit seiner großartigen Tradition,' baulichen Schönheit, günstigen 1 Lage usw. bei Aufbringung von allerdings nicht unbeträchtlichen Mitteln eine ideale Stätte zur Ausbildung der Theologen für das Priesterseminar werden könnte.

So war kurze Zeit eine gewisse Unschlüssigkeit vorhanden, die aber ihr Ende fand, als das Haus dank dem Bemühen des Bischofs Dr. Josef Schoiswohl wieder in den besitz der Diözese gelangte. Dann aber war es die Tatkraft des damaligen Regens Prälat Josef

Schneiber, der das Haus umzugestalten begann und ihm jene Form gab, auf die wir heute stolz und für die wir dankbar sind.

Prälat Schneiber ging daran, das Innert des Hauses von Grund auf umzugestalten. Große Dormitorien und Museen wurden zu Ein- und Zweibettzimmern gemacht. Das Dachgeschoß wurde ausgebaut und 40 Einbettzimmer geschaffen, alles mit Fließwasser und Zentralheizung. Auf den Gängen und in den Räumen kann man der Künstlergeneratipn der fünfziger Jahre der Steiermark begegnen , denn Prälat Schneiber war ein großer Freund und Förderer der Künstler. Mit ihnen hat er auch die neue Kapelle errichtet , zu deren Ausgestaltung (Fenster) der Maler Szyszkowitz und der Bildhauer Silveri (Altartisch) ihr Bestes beigetragen haben.

Schon vor dem Konzil

So kann sich das Grazer Priesterseminar rühmen, schon vor dem Konzil einen sakralen Raum geschaffen zu haben, der den neuen liturgischen Erfordernissen auf ideale Weise entspricht. Die alte Kapelle wurde zum sogenannten Barocksaal umgestaltet, der mit seinen prachtvollen Stückarbeiten einen glanzvollen Rahmen für Vorträge, Feiern und musikalische Veranstaltungen bietet. Vor allem hat der herrliche Speisesaal mit seinen klassischen Dimensionen durch die Renovierung eine Schönheit erhalten, die er vorher vielleicht nie besaß. Die Erneuerung der Prunkstiege vom ersten in den zweiten Stock ist für jeden Kunstfreund eine reine Freude. Dghn hat der prachtvolle' Innenhof durch Anlage einer Grünfläche in seiner Schönheit wesentlich gewonnen. Im Lauf der Jahre wurden auch die Außenfassaden, zumindest an den optisch wichtigen Stellen, renoviert.

Viel ist geschehen, aber es bleibt noch manches zu tun. Sicher ist, daß heute auch die seinerzeitigen Skeptiker die durch den Bischof und den Regens vorgenommene Lösung bejahen, denn jetzt ist das Priesterseminar zu einer Stätte geworden, die sich sehen lassen kann, weil sie dem Theologen jene Voraussetzungen bietet, die ihm die Vorbereitung auf das Priestertum ermöglichen. Und dies nicht nur vom Standpunkt der äußeren Gestaltung des Hauses, denn wir dürfen in aller Bescheidenheit auch vermerken, daß wir in der Verantwortung um den Priestemachwuchs der Diözese jenen Geist lebendig machen wollen, der die letzten Päpste und die Väter des Konzils beseelt hat, damit jeder junge Mann, der willens ist, Priester zu werden und dieses Haus betritt, es verläßt als ein Mann Gottes, als ein treuer Sohn der Kirche, der mitmenschlich nichts anderes will als in der Nachfolge des Herrn das Wort zu verkünden, Zeugnis abzulegen, die Sakramente zu spenden und als Mensch unter Menschen in dienender Brüderlichkeit zu leben.

1 Weiss, Schlosser, Augustiner, Mayer, Mar- tinz, Szyszkowitz, Silveri und andere

1 Architekt Jonser

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