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Bukowina — verlorene Heimat

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Die Herausgabe dieses Werkes war, das sei gleich eingangs festgestellt, eine lobenswerte Tat, an der Verlag, Herausgeber und Mitarbeiter wohl gleichen Anteil haben. Auffallend ist die ruhige und seriöse Gesamtgestaltung: die gute, einfallsreich komponierte Bebilderung, die vorzügliche graphische Gestaltung des Textes. Die Zeichnungen kommen auf dem erstklassigen Papier wie gestochen zur Geltung. Der Inhalt steht der Gestaltung nicht nach. Zuverlässigkeit und Vielseitigkeit der Information kennzeichnen das ganze Buch. Dabei ist die Anschaulichkeit der Darstellung glückhaft ausgewogen zwischen Quantität und wünschenswerter Verdeutlichung des Themas.

Die Würdigung des buchenländischen Deutschtums geschieht hier ohne die in ähnlichen Werken oft bemerkbare nationalistische Tendenz. Von 1775 bis 191 8 hat die Bukowina als eine der am besten verwalteten österreichischen Provinzen gegolten. Innerhalb des Vielvölkerstaates war sie ein Vielvölkerstaat en miniature, in dem die Deutschen, Polen, Ruthenen, Rumänen, Ungarn, Armenier und Juden nicht nur miteinander, sondern füreinander gelebt haben, auch über das Jahr 1918 hinaus. Erst die Verschacherung der Nordbukowina 1940 an die Sowjets durch Hitler hat den Schlußpunkt gesetzt. Mit der erzwungenen „Heimholung“ ins Reich endete eine beispielhafte, 150 Jahre dauernde kolonisatorische Tätigkeit. Heute ist die Bukowina ein Teil des Sowjetreiches. Sie lebt, wie sie war, nur noch in der Erinnerung fort, im Herzen derer, die dort daheim waren, als eis- Stück echtes Europa — lange bevor die Straßbuger Speseneuropäer davon zu reden anhoben.

Alle Beiträge, ob über Landschaft und Bevölkerung, über Religion und Erziehungs-

wesen, über Kunst und Literatur, verraten sofort die sachkundigen Federn. Besonders interessant die Beiträge Franz Längs, der als Herausgeber zeichnet, und Alexander v. Randas über die Bukowina in den beiden Weltkriegen. Aufschlußreich auch die Artikel von G. v. Drozdowski, des in Klagenfurt lebenden Lenau-Preisträgers, über das Theaterleben und jener von Sektionschef Stefanowicz, einem heute in Wien lebenden altösterreichischen Beamten bester Prägung, über Musik im Buchenland. Die kulturelle Pionierarbeit des alten Österreich wird in dem Artikel über die Czemowitzer Franz-Josephs-Universität deutlich. E. Turczynski (München) hat ihn geschrieben. Alles vorbei — aber nicht vergessen. „Unsere Kinder aber“, so schreibt der Herausgeber in schönen Worten, „die das Buchenland nicht aus eigenem Erleben kennen, sollen von dem Schicksal und der Leistung ihrer Ahnen wissen und daraus Vertrauen und Mut zum Leben und Dankbarkeit und Liebe zum Volk gewinnen.“ Diesem Ziel wird das Buch vollauf gerecht.

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