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Das Mahnmal der Volker
Monte Cassino. Von Rudolf Böhmier. Mit zahlreichen Bildtafeln und mehreren Kartenbeilagen.Rupert-Verlag, Darmstadt. 496 Seiten.
Monte Cassino. Von Rudolf Böhmier. Mit zahlreichen Bildtafeln und mehreren Kartenbeilagen.Rupert-Verlag, Darmstadt. 496 Seiten.
Ein Buch, das mehr hält, als sein Titel verspricht: denn wenngleich das Ringen um den Ort und den Klosterberg Cassino im Mittelpunkt der durch ausgezeichnete Kartenskizzen unterstützten Darstellung steht, so werden die drei schweren Schlachten, in denen dieser Kampf kulminiert, nicht aus dem Gesamtgeschehen herausgehoben, sondern vielmehr eingebaut in eine umfassende Geschichte des Unternehmens „Husky“, das mit dem Sprung auf Sizilien und mit der Landung auf dem italienischen Festland den Alliierten das Tor zum Einbruch in die Festung Europa öffnen sollte. Und wenn auch, wie nur natürlich, die militärischen Operationen den Vordergrund der gewaltigen Bühne beherrschen, auf der sich der letzte Akt des blutigen Dramas des zweiten Weltkrieges einleitete, so wird doch den politischen Hintergründen auf Seite der Verbündeten wie der Achsenmächte der Raum gegönnt, den dieses auch die Kriegsereignisse zutiefst beeinflussende Spiel beanspruchen darf. Zu besonderem Dank aber verpflichtet das Bemühen um ein eindringliches Bild der Bedeutung St. Benedikts und seiner Ordensgründung für die Kultur des Abendlandes, das dann freilich die Untat der durch keine militärische Notwendigkeit begründeten Vernichtung der heiligen Stätte einer um so schärferen Verurteilung preisgibt. Die über zweihundert Flugzeuge, die am Vormittag des 15. Februar 1944 mehr als 450 Tonnen hochexplosiver Bomben auf das enge Gezirk der „terra saneti Benedict!“ abluden, konnten jedoch nur noch arme Flüchtlinge treffen, konnten nur noch den allerdings sehr kostbaren Schrein der unschätzbaren Kulturgüter zerstören, die Archiv und Bibliothek des Klosters Monte Cassino bargen. Die Handschriften und Wiegendrucke, die Urkunden und Bilder, die wundervollen gottesdienstlichen Geräte und die Reliquien des Ordensstifters selbst ruhten damals schon in sicheren Gewölben, der Vatikanstadt. Daß das schwere Unglück dieses wahrhaften Dies ater nicht zur völliger. Austilgung aller der hier verwahrten Zeugnisse einer auf fast anderthalb Jahrtausende zurückreichenden Hochleistung abendländischer Menschen wurde, das verdankt die Welt — und darauf dürfen wir stolz sein — einem Oesterreicherl Oberstleutnant Julius Schlegel, der in der „Furche“ 1951 über seine einmalige Tat der Rettung der Cassinenser Schätze berichten konnte, und seine braven Helfer erfahren denn auch verdienteste Würdigung: „Wo“, so fragt Böhmler, der übrigens auch eine ausgezeichnete Feder führt, mit gutem Recht, „wo gibt es Beispiele in der Kriegsgeschichte, da Soldaten ihre militärischen Pflichten beiseite schoben, um sich mit ganzer Kraft einer Aufgabe zu verschreiben, die den Geist wahrer Humanität in sich trug? Wo hat je ein Offizier Kopf und Hals riskiert, eine Sammlung wertvollster Dokumente und Gemälde, erlesenster Kulturgüter des Abendlandes zu retten?“ Es war eine „Probe höchster Bewährung“, die hier ein österreichischer Offizier der deutschen Wehrmacht mit seinen Leuten abgelegt hat. Nun, Monte Cassino sank in Schutt, der mit heroischer Tapferkeit verteidigte Berg ging der deutschen Armee verloren, der Riegel, der die Straße nach Rom sperrte, zerbrach unter dem Ansturm des übermächtigen Gegners, dessen hohen soldatischen Tugenden Böhmler, um strengste Objektivität bemüht, bewundernde Anerkennung zollt; festen Fußes betraten die Alliierten die Straße des Sieges. Monte Cassino aber, seither aus Trümmern wiedererstanden, wird zum Mahnmal für den Zusammenschluß der europäischen Völker, ohne den „die ehrwürdige, von St. Benedikt gegründete Kultur des Abendlandes dem Untergang verfallen“ muß. Und Böhmler, selbst Mitkämpfer im Ringen um Monte Cassino, tut gut daran, gerade die „Frontsoldaten, die hier für ihr Vaterland gekämpft und geblutet haben“, aufzurufen, „neue Brücken zwischen den Völkern zu schlagen“. „So wie nach dem ersten Weltkrieg sich deutsche und französische Frontkämpfer auf dem Douaumont zusammenfanden, sollten heute die Cassino-Kämpfer aller Nationen den Weg zum Monte Cassino finden, damit in der Welt endlich jener Zustand einkehre, für den die Cassinenser über Jahrhunderte hin gewirkt haben: Friede unter den Menschen/“
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