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Mein Wagnis in Monte Cassino

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Nachdruck nur auszugsweise und mit Quellenangabe gestattet.

Gegenüber den militärischen Untersuchungen über die Schuld an der Zerstörung der Benediktinerabtei von Monte Cassino im zweiten Weltkrieg Ist ein anderes Ereignis von nicht minderer geschichtlicher Tragweite unverdient In den Hintergrund getreten: die abenteuerliche Rettung der unersetzlichen Reliquien und Kunstschätze, des weltberühmten „Archivs“ und der tausendjährigen Bibliothek von Monte Cassino durch ihre gefahrenreiche und mühevolle militärische Abtransportlerung auf exterritorialen Boden Im Vatikan im Spätherbst des Jahres 1943. Uber diese historische Tat, die einem Österreicher, damaligen Abteilungskommandeur in der Division „Hermann Göring“, und seiner Truppe Im Verein mit den Mönchen von Monte Cassino zu danken Ist, berichtet heute und in den folgenden Nummern der „Furche“ der Initiator und Organisator der Rettungsaktion, Oberstleutnant a. D. Julius Schlegel, in einem wahrheitsgetreuen Erlebnisbericht mit reichem, bisher unveröffentlichtem Bildermaterial. .Die österreichische Furche“

I. Der höhere Befehl

Herbst 1943. Die Schlacht um Salerno und Neapel war zu Ende. Die deutschen Truppen fingen den Vormarsch der Alliierten am Vollumo auf — zunächst: denn es war klar, daß auch hier ein Widerstand auf die Dauer nicht möglich war; die langen, jeder Art von Angriffen ausgesetzten Nachschublinien, die noch nicht völlig entwaffneten Badoglio-Truppen im Rücken und die zu erwartende Partisanentätigkeit machten einen weiteren Rückzug notwendig.

Um diesen in voller Ordnung abzuwickeln, befahl Generalleutnant Conrad, Kommandeur der Division „Hermann Göring“, Anfang Oktober die Regimentsund Abteilungskommandeure zu einer Besprechung. An Hand der Karte setzte er die Rückzugslinien der Division fest, bezeichnete die Punkte, wo hinhaltender Widerstand geleistet werden sollte, und markierte endlich jene Stellung, die als Linie des endgültigen Wider-

Standes gedacht war. Sie sei strategisch ungemein günstig, betonte er, und außerdem bereits im Ausbau, könne und müsse also unbedingt halten. Es wurden noch einige Detailfragen behandelt, dann folgte das abschließende „Ich danke, meine Herrenl“

Schweren Herzens verließ ich den Raum, in dem die Besprechung stattgefunden hatte. Nur zerstreut beantwortete ich die rein militärischen Fragen, die der eine oder der andere Kamerad an mich richtete, und eilte, mich aus dem Kreis der übrigen Kommandeure zu entfernen; ich wollte allein sein, möglichst bald allein, denn ich mußte denken — denken.

Strategisch ausgezeichnet, hatte der General gesagt. Und könne und müsse halten. Und — ja, und ...

Noch klang mir die helle, befehlsgewohnte Stimme im Ohr, noch sah ich den Finger sich auf eine bestimmte Stelle der Karte stemmen, als wolle er sie durchbohren. Hier, sagte der General, sei der Angelpunkt der ganzen Stellung, hier seien die stärksten Angriffe zu erwarten, hier sei auch der hartnäckigste, erbittertste Widerstand zu leisten. Auf der Karte aber, gerade neben dem weisenden Finger des Chefs, stand Monte Cassino.

Ja, das Städtchen Cassino, das der Abtei zu Füßen liegt, war der Angelpunkt der Stellung, jener Punkt, wo die erbittertsten Angriffe, der hartnäckigste Widerstand zu erwarten waren.

Angriffe — Widerstand — ich wußte, was das bedeutete: Fliegerbomben, Beschießung durch Artillerie aller Kaliber, Sprengungen, Minen, Schutt, Ruinen, Verwüstung ...

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