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Der Feldherr dreier Kaiser

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EUGEN VON SAVOYEN. Von Roland Krug von Nidda. Amalthea-Verlag, Wien-München-Zürich, 1963. 328 Seiten. Preis 168 S.

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EUGEN VON SAVOYEN. Von Roland Krug von Nidda. Amalthea-Verlag, Wien-München-Zürich, 1963. 328 Seiten. Preis 168 S.

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Die Gestalt des großen Feldherrn Eugen von Savoyen hat — je nach dem politischen Standpunkt der gerade aktuellen Geschichtsbetrachtung — schon zu vielen Deutungsversuchen Anlaß gegeben. War der Prinz einerseits die glänzendste Gestalt des „österreichischen Heldenzeitalters“, der Feldherr, der drei Kaisern als treuer Soldat diente, so sah anderseits die großdeutsche Geschichtsauffassung in ihm einen Vorläufer deutscher Sendung im Osten.

Nun, gerade die Feier des dreihundertsten Geburtstages des Helden gibt den Anlaß, die Persönlichkeit des Prinzen, bar jeglicher später hinzugekommenen Legenden, zu analysieren. Die Mythen, die sich im Laufe der Jahrhunderte um Eugen rankten, wurden von der jüngeren Geschichtsschreibung — von Heinrich von Srbik, Friedrich Engel-Janosi, Hugo Hantsch, um nur einige zu nennen — endgültig ins Reich der Sage verwiesen.

Was uns heute an der Person des „kleinen Abbe“, wie ihn seine Soldaten gerne nannten, zu fesseln vermag, ist vor allem die Unabhängigkeit seines Gewissens, die dem Feldherrn und Staatsmann jene Anziehungskraft verleiht, die bis in die Gegenwart Beispiel und Vorbild geschichtlicher Größe geblieben ist.

Freilich, nicht alle in jüngster Zeit erschienenen Eugen-Biographien vermögen den Historiker restlos zufriedenzustellen. Um so begrüßenswerter die Arbeit Roland Krugs von Nidda, die sich vor allem mit dem Gewissen Eugens, mit seiner Verantwortung für das Reich beschäftigt, dem er noch einmal die Einheit bewahren konnte und so der Kaiseridee des christlichen Mittelalters ein letztes Ansehen verschaffte. Der Verfasser, der eine umfassende Kenntnis der vorhandenen Literatur besitzt — eine Auswahl, die auch jüngste Publikationen berücksichtigt, ist dem Buch dankenswerterweise beigegeben —, teilt die Lebensgeschichte Eugens in fünf Kapitel, die nicht im Zeichen seiner militärischen Laufbahn, sondern im Zeichen der Regenten stehen, denen der Savoyer seine Dienste angeboten und schließlich zur Verfügung gestellt hat: Ludwig XIV., Leopold I., Joseph I. und Karl VI.

Krug von Nidda hat es meisterhaft verstanden, in hoher literarischer Form den seltsamen und besonderen Lebensweg Eugens nachzuzeichnen. Hier ist es vor allem die Darstellung der Jugend Eugens in Frankreich, die manche spätere Hand-

i lung des Prinzen in neuem Licht erscheinen läßt und so zu tieferem Verständnis jener vergangenen, zwischen Absolutismus und Mystik, Humanismus und Aufklärung schwankenden Welt führt.

Das Konzept, das sich der Verfasser für seine Biographie gestellt hat, ließ ihn weniger die bekannten äußeren Geschehnisse der großen Schlachten, als vielmehr die Entwicklung des inneren Menschen Eugen zur überragenden Persönlichkeit, wie sie „in weiten Abständen an der Straße der Jahrhunderte stehen“, schildern. So sind es also die großen inneren Wandlungen, die wir an Hand eines reichen Lebens — spannt sich doch der Bogen vom enttäuschten Bewerber für den Dienst in der Armee des Sonnenkönigs bis zum lebensweiten Grandseigneur des „Belvedere“ — verfolgen können. Nahezu alle Möglichkeiten menschlichen Geschicks wurden von diesem Lebensbogen des an Gestalt so unscheinbaren, an Geist jedoch so großen Eugenius erfaßt.

Freilich mißt Krug von Nidda der geheimnisvollen Verbindung zwischen der Donaumonarchie und ihrem, großen Feldherrn wohl etwas zuviel Gewicht bei, wenn er abschließend meint: „Die Monarchie erlag ihrer eigenen unerbittlichen Orthodoxie, dem Mangel an Reformen, einer Fülle von Mißbräuchen, nicht zuletzt aber dem Verlust eines Genies, das, wie alles andere, verdient werden muß.“

Vierzig Kunstdruckbilder, eine Landkarte und eine Zeittafel ergänzen das in seiner Gesamtheit gut gelungene Buch, das den Feldherrn aus einer neuen, interessanten Perspektive zeigt.

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