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Eine traurige Bilanz

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DEUTSCHLAND OHNE JUDEN, eine Bilanz. Von Bernt Engelmann. Schneekluth-Verlaig, München. DM 28.—.

In den letzten Jahrzehnten wurden viele Bücher über Juden, Judentumkunde usw. herausgegeben, die Bücher von Friedrich Heer und Werner Keller, Roger Peyrefitte und Lexika inbegriffen. Es muß daher der Eindruck vorherrschen, daß der Bedarf gedeckt ist. Wenn hier von der Neuerscheinung „Deutschland ohne Juden“ gesprochen wird, so hängt dies auch damit zusammen, daß sich das Buch einer Spezialfrage widmet und daß es trotz des vorherrschenden Tatsachenmaterials und des guten Dokumentaranhangs sehr lesbar ist. Zu Beginn widmet sich der Autor der unübersehbaren Schar der Juden, die an deutscher Geschichte, Literatur, Kunst und Wissenschaft mitgewirkt haben. Sehr interessant ist der Nachdruck daß Friedrich II. Berlin durch die Heranziehung von Hugenotten und 50 Wiener Judenfamilien zur Großstadt gemacht hat, weil bisher industrielle Betätigung und Geistesleben hier fehlten. Auch Hamburg wurde durch Juden zur Pelzbörse und Leipzig zur Büchermesse erhoben. Der Autor beweist, daß sich Hitler nicht nur seiner besten Deutschen, der echten und weißen Juden, entledigt hat, sondern auch 1939 seinen friedlich errungenen „Siegeskranz“ selbst zerstört hat, indem er die Juden in Deutschland und im KZ durch 400.000 Arier bewachen und behandeln ließ, die an Zahl seiner SS-Armee entsprachen und im Kampffeld fehlten. Er hat die deutschen Stadtsiedlungen im Osten — Prag und Breslau als Beispiel — von Juden entvölkert, die hier immer zum Deutschtum hielten. Zum Glück entblößte Hitler Deutschland auch von jüdischen Wissenschaftlern, die zur Bombenprominenz gehörten, und dadurch nahm er sich die Möglichkeit der Atom- und Wasserstoffboniben ebenso wie die Vollendung der Radarerfindung. In der historischen Einleitung beweist der Autor, wie vermengt sowohl die Deutschen als auch die Juden am Rhein sein mußten, wenn bereits seit der römischen Okkupation die verschiedensten Völkerschaften von Persien bis Zypern herbeigezogen wurden, wie das immer bei einer Besetzung ist. Die Bilanz der Ausrottung besagt, daß trotz Versprechungen weder Knechtschaft noch der Marxismus gebrochen wurde. Erotismus und Pornographie haben sich verbreitet und Monopole und Warenhäuser blühen ohne Juden. Die Börse existiert weiter. Das Ärgste ist aber: Die Bürger scheinen nicht zu missen, konstatiert Bemt Engelmann, Berliner vom Jahrgang 1921,

Kriegssoldat und in den letzten 18 Monaten des Krieges in zwei KZ. Nach 25 Jahren zieht Engelmann eine traurige, aber aufschlußreiche Bilanz.

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