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Giftige Importware

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Einmal wöchentlich erreichen, aus Hannover kommend, stattliche Pakete der „Deutschen Wochen-Zeitung für nationale Politik, Kultur und Wirtschaft“ Österreich und rinden hier, unter anderem auf dem Weg über die Zeitungskioske größerer Bahnhöfe, :'hre Abnehmer. Auch ohne die Epitheta deutsch und national weiß man selbst nach flüchtigster Durchsicht, wessen Geistes Kind das Blatt ist. Im Inseratenteil wird, neben Annoncen, in denen Mittel gegen Bettnässen angepriesen werden, für Bücher geworben, die „die Wahrheit über den Einsatz der Waffen-SS“ und dergleichen versprechen und für Bände wie „Von Versailles zu Adolf Hitler“ von Erich Kern, der zugleich als Erich Kernmayer als Redakteur für Feuilleton und Reportage des Blattes genannt und hierzulande nicht unbekannt ist.

Daß für Filme wie „Die Goldene Stadt“ mit Kristina Södexbaum als Hauptdarstellerin und Veit Harlan als Regisseur geworben wird, paßt ebenso in das Profil des Blattes wie die Bemerkung, daß anläßlich einer TV- Diskussion mit diesem Erich Kern und seinem Verleger Schütz, durch den Diskussionsleiter „ein Greuelfilm“ gezeigt wurde, womit ein Dokumentär streifen aus den KZs gemeint ist, woran die geschmackvolle Bemerkung geknüpft wird: „Man hat den Eindruck, daß es im KZ doch recht gemütlich zugegangen sein muß .

Das Blatt wirft sich mit Jeder Äußerung als Anwalt „wahren Deutschtums“ auf, wozu natürlich mehr oder weniger antisemitische Stiche (Meldungen wie über die Ernennung eines SPD-Abgeordneten zum Ehrensenator des Israelischen Weiz-mann-Instituts der Wissenschaften oder der Bericht über die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes

des Burgtheaters sprachen Fragmente aus dem Oeuvre des Meisters. Von unterschiedlichem Feingehalt, unterschiedlicher Zeitnähe, mit unterschiedlicher Intensität und Einfühlungsgabe. Bruckners Adagio aus der „Neunten“ war die einzige, allerdings ergreifende, Zeugenschaft österreichischer Kongenialität zur schlesischen Mystik Hauptmanns. Hier verzeiht man selbst die „himmlischen Längen“, die diesem Abend auch sonst eigen waren.

Dann aber war die Feier absolviert. Der Redner packte sein Manuskript ein, wie er es am Tage zuvor bei der Feier in Köln getan hatte. Das Burgtheater war wieder einmal nichts anderes als ein Vortragspodium prominenter Gäste gewesen. Kein Forum, keine Arena.nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel) gehören müssen. Daß Stalin als „Größter Verbrecher der Geschichte“ und Roosevelt als der „größte Schwindler und Betrüger, der je gelebt hat“, bezeichnet werden, ist natürlich notwendig, damit gegenüber diesen Männern Gestalten wie die der blutrünstigen Nazibosse von Eichmann bis Hitler vergleichsweise harmlos sich ausnehmen.

Gut fügt sich in diesen Rahmen, daß das Blatt berichtet, das Konzil zu Rom sei mit „fast revueähnlicher Pracht“ eröffnet worden und feststellt: „Wie kein anderes Volk ist das deutsche bereit, fremden Gedankengängen zu folgen und sich bei Differenzen zwischen Staat und Kirche gegen den Staat zu stellen.“ Nun, auch da* ist nicht neu, die Parolen von der dem Deutschtum artfremden katholischen Kirche haben wir schon einmal gehört.

Daß der völkerrechtswidrige Angriff der Japaner auf Pearl Harbour als selbstverständliche „Taktik“ hingestellt wird, wundert niemand, ebensowenig wie die Versuche, Hitler als Staatsmann und Feldherrn zu rehabilitieren, dafür aber die Führer der Alliierten mit Schmutz zu bewerfen. Über die Ermordung Röhms und anderer Gegner Hitlers aus den eigenen Reihen wird argumentiert, daß „dieser einzige revolutionäre Akt der nationalsozialistischen Machtübernahme relativ bescheiden“ war und daß ohne ihn „die Nacht der langen Messer schreckliche Wahrheit geworden wäre.“ Von den Millionen der durch Hitler und seinen Leuten in den KZs, Gefangenenlagern, Gettos und im Feindesland ermordeten Menschen wird schamhaft geschwiegen. Dafür wird dem Schriftsteller Wilhelm Pleyer Gelegenheit gegeben, sich darüber zu beschweren, daß er ebensowenig wie Kolbenheyer und Hohlbaum in einer mit Staatsmitteln herausgegebenen Anthologie vertreten ist, und weiter, über die „Feindschaft gegen volksbewußte Verfasser“ seines Schlages sich auslassend, „daß auch den kirchlichen Lagern offenbar mit solchen publizistischen Ferkeleien geholfen werden“ soll.

Diese Blütenlese, deren Umfang sich leicht vergrößern ließe, stammt aus einer einzigen Nummer des Blattes. Zwei bescheidene Fragen: Wem nützt solcher Import? Wer fördert und wer duldet ihn?

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