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PAPSTENZYKLIKA FÜR UNGARN

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In allen römischen Kirchen wurde am Sonntag die am Samstagabend veröffentlichte Enzyklika „Luctuosissimi eventus“ verlesen, die Papst Pius XII. an den Episkopat der ganzen Welt gerichtet hat. Papst Pius XII. ruft in dieser Enzyklika die Katholiken in aller Welt auf, Bittgottesdienste abzuhalten, damit dem von blutigen Konflikten zerfleischten ungarischen Volk „ein auf Gerechtigkeit aufgebauter Frieden“ geschenkt werde. Es sei offenkundig, erklärte der Papst, dafj die umgestürzte Ordnung der Völker weder durch Waffengewalt noch durch Unterdrückung der Bevölkerung oder durch irrige Theorien wiederhergestellt werden könne. Das Freiheitsstreben des Volkes liehe sich auch durch keine fremde Gewalt unterdrücken. Der Papsf erinnerte daran, daft er im Jahre 1938 als Legat Papst Pius XI. am Eucharistischen Weltkongreß in Budapest teilgenommen und damals den Glaubenseifer des ungarischen Volkes kennengelernt habe. Er gibt seiner Ueberzeugung Ausdruck, dafj dieser Glaube des ungarischen Volkes trotz aller Widerwärtigkeiten auch heute noch lebendig sei.

Der Papst fordert die Katholiken der ganzen Welt auf, darum zu beten, datj das von so vielen Schmerzen und Blutvergießen heimgesuchte geliebte ungarische Volk, gleichzeitig aber auch alle anderen religiöser und bürgerlicher Freiheiten beraubten Völker Osteuropas in Glück und Frieden Ihren öffentlichen Verwaltungen die richtige Ordnung wiedergeben können, und so auch die Rechte Gottes retten, die Rechte Jesu Christi, des Göttlichen Königs, dessen Reich ein Reich der Wahrheit, und des Lebens ist, ein Reich der Heiligkeit und der Gnade, der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens. Das päpstliche Rundschreiben endet mit dem besonderen Apostolischen Segen, für. die Kathollken Ungarns und aller anderen in. schwieriger Lage befindlichen und unterdrückten Völker.

„Luctuosissimi eventus“ ist die 32. Enzyklika von Papst Pius XII. Unter Enzykliken versteht man päpstliche Rundschreiben zu aktuellen' Fragen, des christlichen Lebens. Sie können wie jene'jetzt veröffentlichte an den gesamten Episkopat der ganzen Welt Oder aber auch an die Bischöfe bestimmter Länder gerichtet sein:

„Alle Menschen, die guten Willens sind, müssen den Durst nach Freiheit und Gerechtigkeit mit den unterdrückten, Völkern teilen, und sie müssen auf gesetzlichem Weg auch alles daransetzen, damit deren rechte Begehren Erfüllung finden“, erklärte ein Sprecher von Radio Vatikan in einem Kommentar zur Erhebung in Ungarn. Der Sprecher erklärte weiter, was heute in Ungarn vor sich gehe, sei .nichts anderes als die Folge der dort gegen die Bevölkerung begangenen Ungerechtigkeiten — Ungerechtigkeiterl, denen die Kirche als' erste zürn Opfe1 r 'lieh Die heutigen Vorfalle müssen den Verantwortlichen ein Warnzeichen sein: „Man kann die Gerechtigkeit und die Freiheit eben nur eine Zeitlang unterdrücken durch Blut und Terror.“

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