Das Diktat des gut Gemeinten
Darf man „Neger“ heute auch als Zitat nicht mehr verwenden? Ein Plädoyer für Aufklärung anstatt einer bloßen „politischen Korrektheit“. Denn das Vermeiden von rassistisch geprägten Wörtern schafft Rassismus nicht aus der Welt, sondern ist geeignet, ihn fortzusetzen.
Darf man „Neger“ heute auch als Zitat nicht mehr verwenden? Ein Plädoyer für Aufklärung anstatt einer bloßen „politischen Korrektheit“. Denn das Vermeiden von rassistisch geprägten Wörtern schafft Rassismus nicht aus der Welt, sondern ist geeignet, ihn fortzusetzen.
Das hat mich geärgert: In einem Buch zu „Rassismuskritische Fachdidaktiken“ (Springer Verlag 2020) habe ich beigetragen. Dort habe ich die Geschichte von „Gordon“ erzählt: In einem Kindergarten in Kiel ereignet sich vor einiger Zeit dieses: Die Betreuerin bringt ein neues Kind in die Gruppe. Es ist dunkelhäutig und hat krause Haare. Die Kinder der Gruppe reagieren unsicher. Ein Mädchen zeigt auf den schüchternen Jungen und ruft: „Schaut mal, ein Neger“. Die Erzieherin reagiert mit sicherem Gespür für die Situation: „Das ist kein Neger: Das ist Gordon!“ Gordon wird daraufhin von der Gruppe sofort voll als Mitglied akzeptiert.
Der Text wurde beim Wort „Neger“ redaktionell mit dieser Fußnote versehen: Herausgeberin und Herausgeber sind der Auffassung, dass an dieser Stelle des Textes der Ausdruck „N-Wort“ genügt hätte, um die Intention des Beitragschreibers zu verdeutlichen und um eine rassisismusrelevante Bezeichnung nicht zu reproduzieren.
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