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Landestheater im Umbau

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Am 20. Juli 1961 fiel nach Pucoinis „Turan-dot“ für lange Zeit der Vorhang im Tiroler Landestheater. Noch lange nach Mitternacht jubelten Innsbrucks Theaterfreunde und vor allem die Jugend den scheidenden Künstlern Jose Maria Perez, Ruth Pache, Hanneke van Bork, Otto Lagler, Sante Rosolen und Alois Perl zu. In die Freude über die glanzvolle Aufführung mischte sich Wehmut, hervorgerufen durch die Erkenntnis, daß nunmehr Tirol und insbesondere seine Landeshauptstadt Innsbruck für mehrere Jahre der Operette und vor allem der vielgeliebten Oper entbehren müssen. Freilich, es blieben noch die Kammerspdele, aber diese Kleinbühne mit einem Fassungsraum von 364 Sitzen konnte niemals ein Ersatz für das ausfallende Musiktheater sein.

Die Entscheidung, das Große Haus des Tiroler Landestheaters zu schließen, war somit hart, aber notwendig. Nicht nur die Feststellung der Baupolizei, nach der es unverantwortlich wäre, das Haus weiter zu bespielen, sondern auch die nicht übersehbaren Mängel der Bühne und vor allem der für einen Theaterbetrieb nun einmal notwendigen Nebenräume waren entscheidend, das große Vorhaben, den Totalumbau des Landestheaters, zu wagen. Der Umbau — er sollte 70 Millionen Schilling kosten und wird diesen Betrag bis zur Fertigstellung sicher überschreiten — war für die Finanzkraft des Landes Tirol und der Stadt Innsbruck kein kleines Unternehmen. Nach zähen Verhandlungen erklärte sich der Bund bereit, ein Drittel der Baukosten zu tragen.

Die technischen Schwierigkeiten waren enorm, sollte doch das Äußere des Zuschauerhauses aus denkmalpflegerischen Gründen erhalten bleiben und Zuschauerhaus und Bühne dennoch den modernsten Anforderungen entsprechen. Architekt Boltenstern, der sich schon beim Wiederaufbau der Wiener Staatsoper bewähren konnte, half entscheidend mit, dieses Problem, soweit es das Zuschauerhaus betraf, zu lösen. Die Tiroler Landesbaudirektion bewältigte die nicht weniger schwierige Frage des Bühnenhausumbaues. Nunmehr steht der Rohbau unmittelbar vor der Vollendung, und auch die Vergabe der bühnentechnischen Einrichtungen ist bereits erfolgt.

Langsam ebbt auch die Verbitterung ab, die in den ersten Jahren Innsbrucks Theaterfreunde erfüllte, weil die Planung und Abklärung der Finanzierung lange, allzulange auf sich warten ließ. Was half es, daß Intendant Karl Goratschan bemüht war, in den Kammerspielen je Spieljahr 18 Premieren herauszubringen, wobei weder Klassiker noch das moderne Schauspiel zu kurz kamen, und ebenso das Drama wie das Lustspiel gepflegt wurden. Was half es, daß Musikdirektor Dr. Robert Wagner die Anzahl der Konzerte des Innsbrucker Städtischen Orchesters mehr als verdoppelte und das Konzertleben durch verschiedene, bestimmten Komponisten gewidmete Zyklen besonders interessant gestaltete. Es fehlte die Oper, die gleichermaßen begeistern und erschüttern kann.

Innsbrucks Theaterfreunde freuen sich heute schon auf die Wiedereröffnung am 15. November 1967, auf eine glanzvolle Aufführung von Richard Wagners „Meistersinger“. Auch die in den letzten Tagen eingetroffene Hiobsbotschaft, daß der Bund sich auf Grund angeblich notwendig gewordener Sparmaßnahmen seinen Zahlungsverpflichtungen entziehen will, kann den Glauben und die Zuversicht auf das sehnlichst erwartete Aufgehen des Vorhanges im neugestalteten Opernhaus zu Innsbruck nicht mehr rauben. Es werden Mittel und Wege gefunden werden, daß ein Ministerversprechen auch gehalten wird. Selbst die ewigen Zweifler am Werden dieses Theaterbaues ließ eine Mitteilung aufhorchen: Die Tiroler Landesregierung und der Stadtrat von Innsbruck ermächtigten den zukünftigen Intendanten Helmut Wlasak, zur Sicherstellung des notwendigen künstlerischen Personals die erforderlachen Bühnenddenstverträge mit Wirkung vom 1. September 1967 bereits in diesem Herbst abzuschließen. Der erste Schimmer fester Zuversicht am Innsbrucker Theaterhorizont ist aufgetaucht.

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