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Brief aus Indonesien

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Djakarta, Ende Oktober Selten noch hat die Weltpresse soviel und so schön über den Papst und das. Papsttum geschrieben wie in den letzten Wochen seit der Erkrankung und dem Tode Pius' XII. Auch die hiesigen indonesischen, englischen und chinesischen Tageszeitungen brachten fast jeden Tag Bilder und Texte. Zur Papstgedächtnismesse am Abend des 16. Oktober in der herrlichen Kathedrale Djakartas hatten sich nicht weniger als 120 Mitglieder des diplomatischen Korps und 40 Vertreter der verschiedenen Körperschaften der indonesischen Regierung eingefunden.

Unbeabsichtigt und darum um so wirkungsvoller hat damit die indonesische Regierung manches widerlegt, was in den letzten Monaten über kommunistische Tendenzen und kommunistische Praktiken der hiesigen Regierung geschrieben wurde. Schwarzseher haben auch hier schon überall das Gespenst des Kommunismus an “die Wand gemalt und Anzeichen kommender Kirchenverfolgung heraufsteigen sehen. Gewiß, die Gefahr besteht. Sie war vorübergehend sogar manchmal sehr groß und ist auch jetzt durchaus noch nicht überwunden. Der wirtschaftliche Niedergang, wie er sich aus der Ausweisung der holländischen Experten aus so vielen lebenswichtigen Betrieben, aus dem Abzug der holländischen Schiffe, die den interinsularen Schiffsverkehr besorgt hatten, notwendig ergeben mußte, die Stillegung so vieler Betriebe und der Niedergang des Handels mit der allgemeinen Schwindsucht der Devisen, der Bürgerkrieg und die leider immer noch mehr um sich greifende allgemeine Korruption — eine hiesige Zeitung hat mit Recht geschrieben, daß Indonesien wohl das einzige Land der Welt ist, wo die Korruption so weit gedeihen konnte, daß man selbst die Fahrkarten zu den Schnellzügen und die Kinokarten nur auf dem Schwarzmarkt bekommen kann! —, dazu die ungeheuren sozialen Unterschiede und Gegensätze: Das alles und noch manches andere kann ein Land reif für den Kommunismus machen!

Dazu kommen Maßnahmen der Regierung, zu denen weitschauendere Politiker nur den Kopf schütteln. Hierher gehören auch gewisse Verordnungen aus der letzten Zeit für den für Indonesien überaus bedeutungs- aber auch gefahrvollen Wirtschaftsfaktor der zwei Millionen Chinesen Indonesiens. Daß — nach neuestem Erlaß der Militärbehörden — alle Schulen und Betriebe der antikommunistisch orientierten, for-niosahörigen Chinesen unter Regierungskontrolle gestellt werden,'während die in Rotchina akkreditierten sich frei entfalten können, daß alle chinesischen Zeitungen mit Ausnahme zwei kommunistischer eingestellt wurden. Solche Verordnungen als kommunistenfreundlich zu interpretieren, kann nicht als bloße Gehässigkeit-gegen den neuen Staat ausgelegt werden.

Trotzdem hieße es den Teufel an die Wand malen, bevor er da ist, wollte man Indonesien, so W'e es ist, kommunistisch nennen. Wie jeder junge Staat, zieht und kopiert Indonesien von beiden Seiten. Es hat seine Studenten auf amerikanischen Universitäten, schickt Offiziere, und Beamte zur Ausbildung und auf Studienreisen dahin, geht aber auch fleißig in die Ostblockstaaten, wie gegenwärtig der Ministerpräsident nach Jugoslawien.

Vor allem kirchlich und missionarisch müssen wir auch heute noch sagen, was der erste indonesische Internuntius. Monsignore de Jonghe d'Ardoye, zu sagen pflegte: „Es gibt kaum einen Staat in der Welt, die sogenannten christlichen nicht ausgeschlossen, in dem sich die katholische Kirche solcher Freiheit erfreut als hier in Indonesien!“ Im katholischen Oesterreich führen die katholischen Privatschulen seit Jahren einen bitteren Existenzkampf, weil sie sämtliche Betriebsmittel aus Schülern und Organisationen herausholen müssen. Hier im mohammedanischen Indonesien sind alle katholischen Schulen älteren Datums staatlich subsidiert, das heißt der Staat kommt für die Gehälter der Lehrer und die Betriebskosten der Schule auf — gegen ein geringes Schulgeld von Seiten der Schüler. Wohl hat der stalinpreisgekrönte Unterrichtsminister einmal verlauten lassen, daß die Gewährung der staatlichen Subsidien in Zukunft von der nationalen Erziehung abhängig gemacht wird. Aber bis heute sind noch immer und überall die Missionsschulen, an denen Djakarta allein über siebzig besitzt, die leistungsfähigsten und gesuchtesten. Gerade dieser Tage verlangte ein höherer Beamter für eine uns erwiesene Gefälligkeit nichts anderes, als daß wir ihm verhelfen sollten, daß seine Kinder in den Missionsschulen einen Platz finden.

Seit Beginn des Bürgerkrieges stehen alje, off entliehen Veranstaltungen -unter Anmelde Pflicht- Für religiöse, Feiern .der -GJäuben-:,. innerhalb der kirchlichen Gebäude bedurfte es selbst für die Mitternachtsmesse am Weihnachtstag und die heilige Osternacht keinerlei Anmeldung.

Zur Eröffnung einer Schule ausländischer Körperschaften bedarf es nicht bloß eigener Lizenzen, sondern es müssen auch Geldsummen erlegt werden, für die Schule als solche sowohl als auch für jeden; Lehrer, der angestellt wird. Die katholische Mission braucht die Eröffnung einer neuen Schule nur zu melden und hat, wenn sie sich im Unterrichtsplan an die Weisungen der Regierung hält, schon das Recht, staatsgültige Prüfungen abzunehmen.

Während Ausländer hier ihre Ehen erst vor dem Standesamt schließen müssen, bekommt jeder vom Bischof approbierte Missionär von der Regierung die Vollmacht, die Ehen der Indonesier zu registrieren.

Es gäbe noch manch solche Einzelheit, die bezeugt und beweist, daß die katholische Mission auch heute, im heutigen Indonesien, noch volle Freiheit besitzt und — wären nicht der Einreise neuer Missionäre gewisse Schranken gesetzt - in Zukunft sich ungeahnt entfalten könnte.

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