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Das Deutsche Eigentum in Osterreich

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In dem in der „Furche“ Nr. 17 vorausgegangenen Aufsatz wurde die Bedeutung der Potsdamer Beschlüsse mit Rücksicht auf da6 Deutsche Eigentum und ihre Wirksamkeit in Deutschland, dem übrigen Ausland und die für Österreich geschaffene Rechtslage mit ihren Verpflichtungen und Gebundenheiten dargelegt. Die nachfolgenden Ausführungen unternehmen es, die mannigfachen Polemiken, Fehldeutungen und Mißverständnisse zu klares und den Umfang der noch einer gut nachbarlichen Auseinandersetzung bedürftigen Probleme im Geiste loyaler Verständigung aufzuzeigen.

In letzter Zeit wurden gegen Stellen, welche die pflichtgemäße Vertretung der österreichischen Interessen in der Sache des Deutschen Eigentums führen, von deutscher Seite allerlei Vorwürfe laut. Es wurde von Verletzung des Grundsatzes der Unantastbarkeit des Eigentums gesprochen und sogar die Androhungen von Repressalien waren zu hören. Weil Österreich nach den Staatsvertragsentwürfen vielleicht in Zukunft das im Inland gelegene Deutsche Eigentum erhalten soll und die österreichische Regierung nicht schon. heute bereit ist, bedingungslos auf diese Werte zugunsten der früheren deutschen Eigentümer zu verzichten, wird jetzt von deutscher Seite und ihren Freunden im Inland gegen die österreichische Regierung polemisiert. österreichische Gegenansprüche werden hiebei kaum diskutiert. Deutscherseits wird in dieser Debatte offensichtlich übersehen, daß — wie im ersten Aufsatz ausgeführt — die Frage des Verlustes der deutschen Werte in Österreich nur einen Teil der von den Alliierten in Potsdam beschlossenen und in der ganzen Welt einschließlich der neutralen Staaten durchgeführten Enteignung deutschen Auslandsbesitzes zu Repärations-zwecken darstellt. Ebenso wird übersehen, daß heute weder der deutsche Eigentümer (gemäß Kontrollratsgesetz Nr. 5) über seinen Anspruch noch die österreichische Regierung (gemäß dem Kontrollabkommen) über dessen frühere Vermögenswerte in Österreich verfügen können. Die ganze Problemstellung könnte daher heute nur im Wege einer Generalbereinigung des Reparationsproblems mit den Alliierten, nie aber in direkten Besprechungen zwischen Österreich und Deutschland, gelöst werden.

Es mag sein, daß die heutige politische Lage in der deutschen Öffentlichkeit die Hoffnung auf eine Revision der Potsdamer Beschlüsse erweckt. Österreich ist aber sicherlich nicht der richtige Adressat für die Anmeldung solcher Ansprüche. Auch die Argumentation, daß Österreich durch die Übernahme oder durch die bloße Bereitwilligkeit zur Übernahme des Deutschen Eigentums aus den Händen der Alliierten den Grundsatz der „Unantastbarkeit des Privateigentums“ verletzt und sich damit unrechtmäßig bereichern würde, ist verfehlt: Alle modernen Rechtsordnungen sehen die Enteignung privaten Vermögens im öffentlichen Interesse vor. Entscheidend für die internationale Anerkennung solcher Enteignungen ist lediglich, ob eine angemessene Entschädigung gewährt wird.

Die auf Grund der Potsdamer Beschlüsse durchgeführte Inanspruchnahme des deutschen Auslandsbesitzes und zahlreicher Sachwerte in Deutschland (Demontagen) stellt nun, vom innerdeutschen Recht aus gesehen, ebenfalls eine solche Enteignung dar. Soweit sie den Auslandsbesitz betrifft, findet sie übrigens eine Parallele in der zwischen den beiden Kriegen entstandenen Devisengesetzgebung, die ja in vielen Fällen ebenfalls das Auslandseigentum der eigenen Staatsangehörigen für Zahlungszwecke enteignete.

Aus dem Vorgange dieser Enteignungen selbst — der einzelne muß mit seinem Vermögen für die Reparationsschuld des Staates aufkommen — folgt zwingend der Entschädigungsanspruch des enteigneten Deutschen gegen den eigenen Staat.

Die Regelung der Entschädigungen wird in Artikel 5 des Kontrollratsgesetzes Nr. 5 ausdrücklich für einen späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt, ähnlich wie dies in den österreichischen Verstaatlichungsgesetzen der Fall ist. Auch aus den analogen Bestimmungen der Verträge von Versailles und Saint-Germain und den bereits zitierten Washingtoner Abkommen mit Schweden und der Schweiz ergibt sich, daß der Anspruch der deutschen Eigentümer auf angemessene Entschädigung ausdrücklich anerkannt wird. Da also sowohl die Enteignung gegen Entschädigung als die Verwendung des enteigneten Gutes zu Reparationsleistungen nach internationalem Recht anerkannte Titel für den Eigentumserwerb darstellen, könnte Österreich das ehemals deutsche Vermögen von den Alliierten durchaus rechtmäßig erwerben. Hiezu kommt noch, daß die Enteignungsbestimmungen sicherlich auch in den abzuschließenden Friedensverträgen enthalten sein werden und daher auch als Vertragsrecht internationale Anerkennung finden müssen.

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