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Das wahre Gesicht wurde enthüllt

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DER JOSEPHINISMUS. V. Band. Lockerung und Aufhebung des Josephinismus 1830 Ais 18,5 . Von Ferdinand M a a ß. Verlag iLerald, Wie .- X-VII 774 Seiten. ‘Preis 530 S.

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DER JOSEPHINISMUS. V. Band. Lockerung und Aufhebung des Josephinismus 1830 Ais 18,5 . Von Ferdinand M a a ß. Verlag iLerald, Wie .- X-VII 774 Seiten. ‘Preis 530 S.

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Man it dem vorliegenden fünften Band ist das in der Reihe der Fontes Rerum

Austriacarum erschienene imposante Quellenwerk über den Josephinismus abgeschlossen und damit ein wichtiges Kapitel österreichischer Geistesgeschichte der Forschung erschlossen. Die von Maaß mit editorischer Genauigkeit herausgegebenen Quellen umfassen alle jene Dokumente, die zum Verständnis der Auseinandersetzung zwischen Kirche und Staat in Österreich in der Zeit von 1760 bis 1850 herangezogen werden müssen. Die den jeweiligen Band einleitende Darstellung, ein integrierender Bestandteil des Werkes, hebt es über eine reine Quellenedition weit hinaus. Diese die Quellen interpretierenden Einleitungen eröffnen auch dem nicht auf dieses Thema spezialisierten Leser den Zugang zum Verständnis des Werkes, in ihnen vermag der Verfasser das wahre Gesicht des Josephinismus, der mehr war als nur eine Reformbewegung gegen kirchliche Mißstände, zu enthüllen. In diesen wertenden Deutungen kommt die fundamentale Bedeutung des Werkes zum Ausdruck, da in ihnen nicht nur der Historiker, sondern auch der Theologe zu Worte kommt, der aus dem Wissen um die unabdingbaren Forderungen der kirchlichen Lehre erst die gefährliche Bedrohung der kirchlichen Einheit und Freiheit durch das josephinische Staatskirohentum richtig aufzuhellen vermag.

Det fünfte, das ganze Werk abschließende Band, der den Zeitraum von 1820 bis 1850 umfaßt, führt die komplizierten und langwierigen Verhandlungen vor, die zu einer allmählichen Lockerung und schließlichen Überwindung des Josephinismus geführt haben. In einer umfassenden (170 Seiten) und ausgezeichneten Darstellung bietet der Verfasser eine Exegese der 122 zum Teil sehr umfangreichen, für diesen Band ausgewählten Dokumente. Wenn die staatliche Kirchengesetzgebung in Österreich auch das Verhältnis zur Kurie bis zur Zerreißprobe spannte, so konnte der katastrophale und endgültige Riß doch vermieden und die Spannung schrittweise gelockert werden. Dies ist, wie der Verfasser zeigt, einerseits das Verdienst der langmütigen und behutsamen, mit ihren Zugeständnissen bis an den Rand des Möglichen gehenden Verhandlungsführung der Kurie und anderseits des doch allmählich einlenkenden Staatsapparates. Die Überwindung des Josephinismus, eingeleitet von oben her durch den Sinneswandel des Kaisers, wurde doch durch das Erstarken der katholischen Kräfte von unten her zwar mühsam, aber letzten Endes doch erfolgreich erzwungen. Das allmähliche Umdenken des Kaisers in den Kirchenfragen, das nach seiner Romreise ab 1820 erkennbar wird, war die Initialzündung für

Umschwung in den Verhandlungen. Diese freilich zogen sich noch jahrelang hin und auch das direkte Eingreifen des Nuntius Ostini im Jahre 1832 konnte sie nicht beenden; die Phalanx der staatlichen und kirchlichen Josephiner in den höchsten Staats- und Kirchenämtern war noch festgefügt und die strittigen Fragen noch zu brennend. Aber gerade dieses jahrelange zähe Ringen um Schul- und Ehefragen, um Kirchenfreiheit, Ordenszucht, Lehrbücher und Exemtionen hatte zur Folge, daß die erstarrten Fronten aufgeweicht wurden und der Schritt von kleinsten zu kleinen und größeren Konzessionen von seiten des Staates möglich wurde. Kaiser Franz I„ der den Abschluß der Verhandlungen nicht mehr erlebte, gab diese Aufgabe in seinem kirchenpolitischen Testament seinem Sohne weiter, unter dessen schwächlicher Leitung die josephinischen Ratgeber natürlich sofort wieder die Oberhand gewinnen und die Einigungsverhandlungen versanden lassen konnten. Das vor allem durch Redemptoristen und die wie- deterrichtete Gesellschaft Jesu erweckte religiös-kirchliche Bewußtsein in der katholischen Kirche Österreichs führte zu einer immer stärker werdenden Gegenbewegung in den katholischen Ländern der Habsburgermonarchie und bereitete den Boden für den Abbau der staatskirchlichen Gesetze und Verordnungen. Nachdem der Sturm des Jahres 1848 den Umschwung im staatlichen Bereich gebracht hatte, war auch die, „Zeit für die Neuordnung des Verfiältnisses votf ‘RirdÄ TSiil JNß kommen. Die Wiener’ -’Bischofskoftferenz vom Jahre 1850 brachte die Wende und die kaiserlichen Verordnungen vom April 1850 beseitigten die Unterstellung der Kirche unter die Hoheit des Staates und besiegelten damit das Ende des Josephinismus.

Der Verfasser, der den letzten Band seines Werkes und damit wohl das ganze Werk der katholischen Kirche in Österreich gewidmet hat, schrieb damit nicht nur ein Ruhmesblatt ihrer Geschichte, sondern vollbrachte auch für die österreichische Geschichtsforschung eine dankenswerte Leistung.

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